Münchens Trainer Thomas Tuchel klagt über die zu hohe Belastung internationaler Top-Spieler. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Wieder einmal durfte Thomas Müller nicht ran. Diesmal sogar das ganze Spiel lang nicht. Insgesamt 93 Minuten lang schaute der Weltmeister von 2014 von draußen nur zu, als sein FC Bayern 1:0 (1:0) beim 1. FC Köln gewann. Immer wieder blickte der 34-Jährige beim Warmmachen in Richtung Seitenlinie zu Trainer Thomas Tuchel. Doch der reagierte nicht. Gar nicht.

Erstmals in dieser Saison verzichtete ein Bundesliga-Trainer gänzlich auf einen Wechsel. Beim FC Bayern hatte es das schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gegeben. Fast genau 13 Jahre nicht mehr. Louis van Gaal war im Dezember 2010 der bislang letzte Bayern-Coach, der in der Liga nicht ausgewechselt hatte.

«Das war ein eindeutig keine Bestrafung oder ein Denkzettel», sagte Tuchel nach dem Erfolg, der aus Bayern-Sicht souveräner war, als es das Ergebnis aussagte. Er entschuldigte sich sogar bei seinen Auswechselspielern. «Normalerweise kommt das nicht vor. Die sollen alle den Spirit beibehalten, den sie heute gezeigt haben, und es mir nicht übel nehmen.»

Kane trifft wieder

Die Erklärung, die Tuchel präsentierte, war durchaus plausibel. «Ich wollte den Rhythmus nicht stören», sagte der 50-Jährige. «Die Spielkontrolle war so hoch und das Ergebnis so knapp.» Sein Team dominierte den FC nach Belieben, versäumte es jedoch, schon vor der Pause mehr als Harry Kanes sagenhaften 18. Saisontreffer (20. Minute) im zwölften Spiel zu erzielen. So blieb das Ergebnis knapp. Jedoch bestimmte die Elf auf dem Platz Ball und Gegner. Tuchel sah keine Veranlassung, diese Souveränität zu gefährden: «Ich habe es einfach nicht gefühlt heute.»

Kurios war es dennoch. Denn für den quantitativ nicht gerade üppig besetzen Bayern-Kader stehen bis Weihnachten fast nur noch Englische Wochen an. Am Mittwoch geht es in der Champions League weiter. «Da müssen wir mit guter Kraft antreten, denn Kopenhagen hat eine gute Mannschaft», merkte Torhüter Manuel Neuer an. Er hatte indes durchaus Verständnis für Tuchels Erklärungen.

Dennoch: Der Bayern-Coach selbst hatte erst vor dem Spiel die (zu) hohe Belastung für die Top-Stars der Branche kritisiert. Und legte nach dem Spiel noch einmal nach. Gerade für das Jahr 2024 erwartet Tuchel eine «mentale Belastung, die an der Grenze ist» und verwies auf die Heim-EM im Sommer und die Reform der Champions League, die für «zwei bis vier» zusätzliche Spiele sorge. «Das kann sehr erschöpfend sein», sagte er und verband dies mit einer klaren Forderung an die Bayern-Bosse: «Da müssen wir in der Kader-Zusammenstellung drauf reagieren.»

Schwierige Bedingungen

Schon vor dem Spiel hatte Tuchel die Ansetzung des Klassikers in Köln an einem Freitag nach einer Länderspielwoche kritisiert. Einige seiner vielen Nationalspieler waren erst am Donnerstag wieder in München angekommen. «Die Bedingungen waren extrem schwierig. Wir waren platt nach der Länderspielpause und dann noch das Freitagsspiel», sagte etwa auch Nationalspieler Leon Goretzka.

Für Spieler wie Minjae Kim waren die Reise-Strapazen besonders belastend. «Ich weiß jetzt nicht, wie der Zeitunterschied zu Korea ist. Abends dann hier in Köln 90 Minuten durchzuspielen, das ist schon eine große Leistung», sagte Neuer. «Es ist jetzt wichtig für den ein oder anderen, dass er mal frei hat.» Entlastung vom Trainer für die Startelf am Freitag gab es aber nicht.

Von Carsten Lappe und Holger Schmidt, dpa
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