Erwartet seine WM-Spieler in Frankfurt: Bundestrainer Hansi Flick. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arne Dedert/dpa)

Als Jamal Musiala, Thomas Müller, Serge Gnabry und Leroy Sané am Spielfeldrand in München Football-Superstar Tom Brady neugierig zuschauten, schrieb Hansi Flick vor dem DFB-Hotel in Frankfurt für ein paar glückliche Fans Autogramme.

Ein Abstecher zum NFL-Gastspiel kam für den Bundestrainer im Gegensatz zu den Bayern-Profis nicht infrage, schon gar nicht so kurz vor der WM-Abreise mit der Fußball-Nationalmannschaft an den Arabischen Golf. «Nee, nicht mein Ding», sagte der gut gelaunte Flick am Sonntagnachmittag der Deutschen Presse-Agentur in der Hotel-Lobby zum amerikanisch-bajuwarischen Football-Hype. 

Für Flick ging zunächst das Hoffen und Bangen weiter. In einem großen Hotelklotz am Frankfurter Flughafen wartete der 57-Jährige geduldig auf seine 26 WM-Spieler. Ein Quartett um Rio-Held und DFB-Rückkehrer Mario Götze musste für Eintracht Frankfurt und den SC Freiburg zum Bundesliga-Jahresabschluss noch einmal auf dem Fußball-Rasen in Deutschland ran. 

Natürlich begleitete Flick das ganze Wochenende die große Sorge vor einer Last-Minute-Verletzung, die nach den Ausfällen von Torjäger Timo Werner und Turnier-Pechvogel Marco Reus weitere Pläne für den Titelangriff in Katar über den Haufen werfen könnte. Erst spät am Abend sollten die letzten WM-Fahrer eintreffen – die Münchner Football-Fans inklusive. «Heute Abend werden alle da sein», sagte Flick und ging mit seinem Laptop unter dem Arm durch die Lobby. 

WM-Vorlauf eng getaktet

Der WM-Vorlauf mit nur zehn Tagen bis zum ersten Gruppenspiel gegen Japan ist ganz eng getaktet. Umso schneller muss deshalb das Umschalten in den Turnier-Modus gelingen.  «Ich denke, dass wir diesen Schwung und das Positive aus unserem Verein mit in die Mannschaft bringen wollen», sagte Kapitän Manuel Neuer vor der Ankunft des starken Bayern-Blocks.

«Es ist wichtig, dass jeder auf seinem höchsten Level spielen kann. Wir haben nur noch ein Testspiel vorher gegen den Oman. Da wird es wichtig sein, dass wir uns auch die Sicherheit holen», betonte der deutsche Rekord-Torwart, der rechtzeitig nach seiner Schulterverletzung in die von Flick erhoffte WM-Form kommt.

Turbo-Akklimatisierung für Katar im Oman

Schwerfallen sollte der notwendige Wechsel in den Turnier-Modus kaum. Die Betonkulisse am Frankfurter Airport ist nur eine Transitstation. Nach letzten Werbeaufnahmen am Montag startet der Sonderflieger nach Maskat. Dort erwarten die Nationalspieler herrliche Bedingungen in ihrem direkt am Meer gelegenen Quartier. Die Termin-Hatz durch Bundesliga und Europacup soll in Omans Hauptstadt abgestreift werden, als Turbo-Akklimatisierung für Katar. 

«Die Alternative wäre gewesen, wir bleiben in Deutschland. Aber wir wissen, dass das Wetter nicht immer so mitspielt. Deswegen ist es gut, vorher vor Ort zu sein und die Temperaturen anzunehmen, die Tageszeiten anzunehmen. Das war uns wichtig, dass wir das Spiel gegen den Oman vor Ort machen können», sagte Flick mit Blick auf die ersten Tage der WM-Mission, die im Idealfall bis zum WM-Finale am 18. Dezember dauern soll.

Der Bundestrainer hat schon angekündigt, gegen den Oman am Mittwoch (18.00 Uhr/RTL) besonders Spieler einsetzen zu wollen, die zuletzt durch Blessuren keinen Spielrhythmus hatten. Er will sie an das nötige WM-Niveau heranführen, sofern es die Fitness zulässt. Kandidaten wären Bayerns Thomas Müller oder auch Abwehrchef Antonio Rüdiger, der bei Real Madrid zuletzt wegen Hüftbeschwerden pausieren musste. Auch Leipzigs Lukas Klostermann soll nach drei Monaten Zwangspause als von Flick gelobter Rechtsverteidiger wieder den Spielrhythmus aufnehmen.

Positiv stimmt Neuer die Topform des von ihm angeführten Münchner Blocks mit insgesamt sieben Akteuren. Die Bayern wollten das Team weit führen im Turnier. «Unser Ziel ist es natürlich, Weltmeister zu werden», sagte der Kapitän vor seiner persönlich vierten WM. Neuer äußerte nach dem Schalke-Spiel, bei dem allen voran Bayern-Jungstar Jamal Musiala auftrumpfte: «Das wird auch wichtig sein für uns als Mannschaft, wenn wir einige Bayern-Spieler haben, die gute Leistungen gezeigt haben, dass wir den Schwung mitnehmen und auch übertragen in die Mannschaft. Jetzt freuen wir uns auf die Weltmeisterschaft.»

«Besondere Atmosphäre schaffen»

«Wir haben viele Jungs, die echt gut drauf sind. Und das möchten wir nahtlos übernehmen und diese besondere Atmosphäre schaffen, um ganz weit zu kommen», sagte Ilkay Gündogan vom englischen Meister Manchester City. Der Treffpunkt Frankfurt war für Flick und seine Spieler nur die Welcome-Zone. 

Neben Götze war auch Eintracht-Torwart Kevin Trapp am Sonntag noch im Liga-Spiel bei Mainz 05 gefordert. Das Freiburg-Duo Matthias Ginter und Christian Günter musste zwei Stunden später im allerletzten Bundesligaspiel des Jahres noch gegen Union Berlin ran. Alle anderen 22 deutschen WM-Akteure hatten spätestens am Samstag ihre letzte Club-Partie zu bestreiten und überstanden diese ohne erkennbare Wehwehchen, die Einfluss auf die WM-Teilnahme haben könnten. «Alle sind gut durchgekommen», sagte Flick.

Trainiert wird am Montag nach derzeitigem Planungsstand noch nicht. Im Hotel sollen letzte Sponsorentermine erledigt werden. Dann geht es mit einem Sonderflieger in den Oman, wo der DFB-Tross kurz vor Mitternacht Ortszeit im Hotel eintreffen soll. 

Das WM-Quartier Zulal Wellness Resort gut eine Autostunde nördlich von Doha wird dann am Tag nach der sportlichen Generalprobe im Oman bezogen. In Katar, das bekräftigte Neuer nochmals im ZDF, werden die deutschen Nationalspieler bei aller Konzentration auf die sportlichen Ziele offensiv für die Wahrung der Menschenrechte eintreten. «Wir werden in enger Absprache mit dem DFB, der Mannschaft, dem Mannschaftsrat und den Verantwortlichen schauen, wie weit kann man gehen. Wir machen uns Gedanken und werden unsere Werte vertreten», kündigte Neuer an.

Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa
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