Beendet ihre Nationalmannschaftskarriere: Dzsenifer Marozsan. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Robert Michael/dpa-Zentralbild/dpa)

Über 30.000 Zuschauer im Nürnberger Max-Morlock-Stadion, mit Brasilien ein hochinteressanter Gegner – und ein paar Tränen werden auch fließen. 100 Tage vor dem Anpfiff der Weltmeisterschaft im Sommer verabschieden die deutschen Fußballerinnen ihre frühere Kapitänin Dzsenifer Marozsan.

«Ich bin überglücklich, dass so viele Leute ins Stadion kommen. Die Mannschaft hat das verdient, für mich ist das natürlich auch ein Geschenk», sagt die 30 Jahre alte Spielmacherin von Olympique Lyon vor dem Länderspiel an diesem Dienstag (18.00 Uhr/ARD) gegen die Südamerika-Meisterinnen.

Zum 112. und letzten Mal soll Marozsan das DFB-Trikot tragen am Ende einer Auswahlkarriere, die vom EM-Titel 2013 und dem Olympiasieg 2016, aber auch von vielen Verletzungen und einer Lungenembolie der früheren Frankfurterin 2018 geprägt war. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg kündigte an, dass die dreimalige deutsche «Fußballerin des Jahres» im Laufe der zweiten Halbzeit eingewechselt wird. Marozsan ahnt, dass die offizielle Verabschiedung sie mitnehmen wird: «Grundsätzlich bin ich ein sehr, sehr emotionaler Mensch und nah am Wasser gebaut.»

«Mensch mit einem goldenen Herzen»

Während Bundestrainerin Voss-Tecklenburg nach dem schmeichelhaften 1:0-Sieg am Freitag in Sittard gegen die Niederlande mit Blick auf die WM noch viel Arbeit vor sich hat und auf Stammkeeperin Merle Frohms vom VfL Wolfsburg (Rückenprobleme) verzichten muss, darf Marozsan die Kulisse und Wertschätzung ihrer Mitspielerinnen noch einmal genießen.

«Sie ist ein Mensch mit einem goldenen Herzen. Sie reißt da natürlich eine Lücke», sagt ihre langjährige Zimmergenossin Svenja Huth vom VfL Wolfsburg. «Wir kennen uns seit über 16, 17 Jahren. Wir haben viele Erfolge gefeiert, aber auch Niederlagen erlebt – auch persönliche Rückschläge. Die Entfernung ist egal: Ich weiß zu 100 Prozent, dass, egal wo sie ist, sie sich sofort auf den Weg machen würde.»

Marozsan hatte sich vor einem Jahr beim 2:3 in der WM-Qualifikation in Serbien einen Kreuzbandriss zugezogen und damit die EM in England verpasst. «Mein Knie ist leider nicht mehr das, was es war. Auch wenn ich im Verein alle Einheiten absolviere, alle Spiele. Ich muss viel dafür machen, damit es auch so möglich ist», sagt sie. «Es zwickt immer mal wieder. Das macht nur noch halb so viel Spaß, das muss ich zugeben.»

Marozsans Vereinszukunft offen

Offen ist, ob die Saarländerin mit ungarischen Wurzeln über die Saison hinaus noch im Verein spielt. Ihr Vertrag in Lyon, wo sie sechsmal die Champions League gewann, läuft aus. «Sie gehört zu den weltbesten Technikerinnen, sie hat fantastische menschliche Charaktereigenschaften. Wir werden auch weiter privat im Austausch bleiben», sagt Voss-Tecklenburg.

Bei der WM vom 20. Juli bis 20. August in Australien und Neuseeland wird Marozsan den DFB-Frauen nicht mehr helfen können. Dort treffen die Vize-Europameisterinnen in der Vorrunde auf Marokko, Kolumbien und Südkorea. Bereits im Achtelfinale könnten die Brasilianerinnen, die in Nürnberg ohne ihre verletzte frühere Weltfußballerin Marta antreten, der Gegner sein. Sie verloren vergangene Woche das Finalissima bei Europameister England nach einem 1:1 erst im Elfmeterschießen.

Wie schon beim 0:0 zum Jahresauftakt in Duisburg gegen Schweden zeigte auch die Partie in den Niederlanden, dass sich das deutsche Team noch mächtig steigern muss, wenn es den dritten WM-Titel nach 2003 und 2007 anvisieren will. «Was wir brauchen in unserem Spiel, ist wieder mehr Passsicherheit, mehr Ballbesitzphasen – sonst tut’s weh», sagt Voss-Tecklenburg. Sie plant vor dem Turnier noch zwei weitere Heim-Länderspiele am 24. Juni und 7. Juli im Rahmen der WM-Vorbereitung in Herzogenaurach; die Gegner stehen noch nicht fest.

Ulrike John, dpa
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