Antonio Di Salvo droht mit der U21 das EM-Aus. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Kahnert/dpa)

Rudi Völler verließ angefressen die Arena, Antonio Di Salvo rang fast ein wenig ratlos um Erklärungen. Wie die kriselnde A-Nationalmannschaft sorgt nun auch die U21-Auswahl für reichlich Tristesse in Fußball-Deutschland.

Nach schwachen Auftritten bei der EM und nur einem Punkt aus zwei Spielen droht dem Team erstmals seit 2013 wieder der Vorrunden-K.o. – und das als Titelverteidiger. Auch das Ticket für Olympia 2024 wäre dann futsch. «Da verzweifelt man auch als Trainer», gab Trainer Di Salvo mit Blick auf die defensiven Fehler und die mangelhafte Chancenverwertung zu.

Nach dem 1:2 (0:1) gegen Tschechien im zweiten EM-Vorrundenspiel hat seine Mannschaft das Weiterkommen nicht mehr in der eigenen Hand. Die Chance auf das Viertelfinale ist minimal. Am Mittwoch im Gruppenfinale braucht Deutschland einen Sieg gegen die bislang starken Engländer (18.00 Uhr MESZ/Sat.1) und muss zudem auf einen Erfolg Israels gegen Tschechien hoffen. Dieser darf aber nicht zu hoch ausfallen, damit Deutschland im Vergleich mit Israel weiter das bessere Torverhältnis hat. «Ich glaube dran, weil im Fußball immer alles möglich ist», sagte Di Salvo. «Dieses kleine Fünkchen Hoffnung, das wollen wir nutzen.»

Mit hohen Erwartungen gestartet

Der 44-Jährige war mit großen Erwartungen in sein erstes Turnier als Chefcoach gestartet, kurz vor der EM war sein Vertrag bis 2025 verlängert worden. Nach der Erfolgs-Ära unter Stefan Kuntz mit drei Final-Teilnahmen und zwei Titeln, die Di Salvo als Co-Trainer mitgestaltet hatte, waren auch die Hoffnungen vor dem Turnier in Georgien und Rumänien groß gewesen. Di Salvo nannte die Olympia-Quali als Mindestziel, Youssoufa, Moukoko gab selbstbewusst den erneuten Titel als Anspruch aus. Doch in Georgien lief vieles gegen die deutsche U21: Sportlich, aber auch abseits des Platzes.

Wie schon das peinliche Vorrunden-Aus der Nationalmannschaft bei der WM in Katar von der politisch aufgeladenen Debatte um die One-Love-Kapitänsbinde begleitet wurde, hatte auch die U21 bei dieser EM mit Themen abseits des Platzes zu kämpfen. Nach dem 1:1 gegen Israel zum Auftakt machte Moukoko rassistische Beleidigungen gegen sich im Netz öffentlich – und löste damit Schock und Entsetzen aus. Die Aufarbeitung beschäftigte den Deutschen Fußball-Bund im ohnehin engen Turnier-Kalender vor dem zweiten Spiel über mehrere Stunden. 

Gegen Tschechien enttäuschte das Team vor allem in der ersten Halbzeit. «Das war zu wenig. Wir haben zu wenig Druck aufgebaut, hatten zu wenig Präsenz nach vorne», sagte Di Salvo, der in der Pause reagierte und drei neue Spieler brachte. Damit wurde es etwas besser, doch trotz des Ausgleichs von Angelo Stiller (70. Minute) reicht es nicht mal zum Remis. «Es liegt am Spieler, ob er den Ball mit 100 Prozent über die Linie bringen will oder nicht. Das ist an jedem einzelnen, da muss jeder einzelne über sich nachdenken», klagte der Hoffenheimer, der dem Team jedoch weder Qualität noch Teamgeist absprechen wollte. 

«Sollte einfach nicht sein»

«Wir haben gute Spieler, aber es sollte einfach nicht sein», sagte der 22-Jährige, der wie Di Salvo vom «fehlenden Spielglück» sprach. Ob dies allein als Erklärung für die beiden enttäuschenden Auftritte reicht, ist fraglich. Der Teamgeist stimme, wiederholte Di Salvo. «Die Mannschaft lässt sich nicht beirren und ist füreinander da», sagte der Coach. «Jetzt müssen wir schauen, dass wir das auch mit einem Ergebnis gegen England hinbekommen.»

Nur zwei Tage Zeit bleiben Di Salvo und seinem Team, um die Mannschaft auf dieses Endspiel vorzubereiten. «Wir müssen die Jungs aufrichten», sagte der frühere Bundesliga-Profi, der auch über seine Startelf nachdenken wird. Fraglich ist, ob der angeschlagene Stiller und Moukoko dabei sein werden. Moukoko hatte nach einer schwachen Leistung zum EM-Auftakt und dem Rassismus-Eklat gegen Tschechien angeschlagen gefehlt.

Miriam Schmidt und Christian Kunz, dpa
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