U17-Trainer Christian Wück lässt offen, ob Max Schmitt im WM-Finale im Tor steht. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marton Monus/dpa)

Torheld Paris Brunner verkündete als ein Gesicht dieser spannenden U17-Nationalmannschaft das, was Fußball-Deutschland vor dem großen WM-Endspiel gegen Frankreich hören wollte.

«Ich weiß, dass wir es noch besser können. Das werden wir im Finale zeigen. Wir wollen auf jeden Fall den Titel holen», erklärte der Dortmunder Jungstar vor dem Showdown am Samstag (13.00 Uhr/Sky Sport News und RTL) gegen das schier unerschöpfliche Talente-Reservoir aus der Grande Nation. 

Auf dem Weg zur Neuauflage des von Deutschland gewonnen Europameisterschafts-Endspiels demonstrierte aber auch das DFB-Team in Indonesien eindrucksvoll, warum ihr Trainer gerne hervorhebt, dass seine Jungs sich eigentlich «nur selbst» schlagen können. Keine Niederlage bei der EM im Sommer, unbesiegt bei der WM jetzt – besonders in den K.o.-Duellen reißt die Nachwuchs-Auswahl die Fans in der über 11.000 Kilometer entfernten winterlichen Heimat im Stile einer Turniermannschaft mit. 

Deutschland hat Fußball-Talente

«Ich habe es nach dem EM-Titel schon gesagt: Wir haben Talente in Deutschland», sagte Trainer Christian Wück auch im schwül-warmen Südostasien. Kapitän Noah Darvich vom FC Barcelona, der Unterhachinger Elfmeter-Experte Konstantin Heide oder eben EM-Torschützenkönig Brunner sind nur drei von vielen Beispielen. Ob Heide den im Halbfinale erkrankten Stammtorhüter Max Schmitt (FC Bayern München) auch im Endspiel vertritt, ließ Wück offen. Man werde das Abschlusstraining abwarten und eine Entscheidung erst am Spieltag treffen.

«Paris ist ein Individualist auf dem Platz, wie ihn jede Mannschaft braucht. Aber er muss sich in vielen Situationen noch mehr in den Dienst der Mannschaft stellen», sagte Wück über den besonders im öffentlichen Fokus stehenden Brunner. «Durch Fehler und Erfolgsmomente wachsen die Jungs.» Das gilt in besonderer Form für den mit der Fritz-Walter-Medaille in Gold für den besten Nachwuchsspieler des Jahrgangs 2006 ausgezeichneten Brunner.

Brunners Reifeprozess geht weiter

Allein der Weg der vergangenen Wochen war für ihn nicht leicht. Im Oktober wurde er bei Borussia Dortmund wegen eines nicht näher benannten «Vorfalls» vorübergehend suspendiert. Die Reaktion des Offensivspielers soll gut gewesen sein. Es scheint, als habe Brunner für seinen weiteren Reifeprozess wichtige Lehren mitnehmen können. «Hätte der Club gesagt, dass es für Paris‘ Lernprozess nicht förderlich gewesen wäre, hätte ich ihn nicht nominiert. Ich denke immer daran, was das Beste für seine Entwicklung ist und er hat daraus gelernt – deswegen ist er dabei», sagte Wück im Interview der «Bild».

Die rassistischen Anfeindungen, denen sich Brunner und drei Teamkollegen nach einem Selfie in den sozialen Medien während der WM ausgesetzt sahen, hätte sich der Teenager mit den kongolesischen Wurzeln gern erspart. Demonstrativ tippte Brunner einige Tage später nach dem Final-Einzug auf den Adler auf dem Trikot und hielt das Wappentier in die Kamera.

Rechtzeitig zum Finale wieder in Tor-Form

Brunners fußballerische Fähigkeiten sind herausragend – gepaart mit dem Selbstverständnis eines Führungsspielers oftmals spielentscheidend. Im Viertelfinale gegen Spanien verwandelte der 17-Jährige einen an ihm verursachten Foulelfmeter zum 1:0-Endstand. Im Halbfinale gegen Argentinien glänzte er mit einem Doppelpack, verschuldete den Pausenrückstand – und beendete dann das Elfmeterschießen mit dem finalen Versuch. 

«Wir sind froh, dass Paris in den letzten Spielen wieder so zu seiner Form findet, dass er Tore erzielt, weil er definiert sich natürlich auch über Tore», sagte Wück. Brunner, der ein guter Klavierspieler sein soll, trat bei der EM in Ungarn schon so virtuos auf, dass er zum besten Spieler des Turniers gekürt wurde. Auch bei der WM zählt er zum Kreis derer, die sich Hoffnungen auf den Goldenen Ball machen dürfen.

Eine Karriere wie Kroos?

Dass diese Auszeichnung für den besten Spieler einer U17-WM nicht immer automatisch den Weg zu einer großen Karriere ebnet, zeigt die Historie. Der Ghanaer Nii Lamptey lief Jahre später zwei Saisons für die SpVgg Greuther Fürth auf, sein Landsmann Daniel Addo verdiente etwa beim Karlsruher SC oder Fortuna Düsseldorf sein Geld. Klangvolle Karrieren legten auch Mohamed Amor Al Kathri (Oman) oder James Will (Schottland) keineswegs hin. Anders war das beim Spanier Cesc Fàbregas, dem Engländer Phil Foden oder bei Toni Kroos. Der heutige Real-Madrid-Star wurde 2007 als bester Spieler des Turniers geehrt und feierte die vielleicht erfolgreichste deutsche Fußball-Laufbahn überhaupt. 

Davon können Brunner, Darvich & Co. aktuell nur träumen. «Der Weg bis in die A-Nationalmannschaft ist sehr weit. Der nächste Schritt steht in den Vereinen an. Wenn in der Bundesliga oder 2. Bundesliga gute Leistungen gezeigt werden, kann man langsam über eine internationale Karriere nachdenken», sagte Wück auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Die «Panther» zeigen deutsche Tugenden

Zumindest jetzt aber haben seine Jungs schon begeistert. Auch wenn der Vergleich hinkt: Die Talente überzeugen in tristen Tagen der A-Nationalmannschaft, deren eigener WM-Glanz lange her ist, mit Entschlossenheit und Zielstrebigkeit. Sie verkörpern zudem traditionelle deutsche Fußballtugenden.

«Ich habe das Glück, dass wir Mentalität und individuelle Qualität zusammenbringen können», sagte Wück. «Ich glaube, dass Deutschland mittlerweile sehr stolz auf das Team ist.» Erst recht, wenn die selbst ernannten «Panther» bei der zweiten deutschen Final-Teilnahme dieser Turnier-Historie nach 1985 den ersten Titel holen. Die damalige U20 – unter anderem mit dem späteren Dortmunder Sportvorstand Michael Zorc – schaffte 1981 in Australien den WM-Triumph.

Von Christian Kunz, dpa
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