Bayern-Trainer Thomas Tuchel bei der Pressekonferenz in München. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Matthias Balk/dpa)

Das Wort Experte kam Thomas Tuchel nicht mehr über die Lippen. Nicht einmal in 19 Pressekonferenz-Minuten. Aufs verbale Nachlegen im Streit mit den TV-Experten Lothar Matthäus und Dietmar Hamann verspürte der Trainer des FC Bayern nach seinem sehr kontrovers bewerteten Furor rund um das bemerkenswerte Münchner 4:0-Machtwort gegen Borussia Dortmund im Bundesliga-Topspiel keinen Drang.

Das Nachlegen will der 50-Jährige alleine seinem derzeit national von keinem Verteidiger aufzuhaltenden Torjäger Harry Kane und dessen Teamkollegen auf dem Fußballplatz überlassen. Am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) können die Münchner in der Allianz Arena gegen den türkischen Meister Galatasaray Istanbul im Express-Tempo den Einzug ins Champions-League-Achtelfinale perfekt machen – und das bereits am vierten von sechs Spieltagen. Es wäre, wie Tuchel meinte, «eine riesengroße Bestätigung» – auch seiner Arbeit.

Mit dem zeitlichen Abstand von drei Tagen wurde Tuchel noch einmal auf das Drumherum in Dortmund angesprochen, als er seinem Ärger über «eine spezielle Berichterstattung», wie er am Dienstag ausführte, so arg Luft gemacht hatte, dass die herausragende Leistung seiner Mannschaft darin unterging. «Das ist spontan und bleibt dann auch authentisch», sagte Tuchel zu seinem Verhalten, das widersprüchliche Reaktionen auslöste. Man werde von ihm immer «geradeheraus eine Antwort und eine Meinung kriegen», kündigte Tuchel an.

Breite Unterstützung durch Bayern-Führung

Aus allen Vereinsgremien erfuhr der Trainer Unterstützung. Von Vorstandschef Jan-Christian Dreesen über Vereinspräsident und Aufsichtsratschef Herbert Hainer bis zu Sportdirektor Christoph Freund. «Ich finde es gut und richtig, dass Thomas seine Meinung klargemacht hat, nachdem sich diese Kritik über Wochen zieht», sagte abschließend auch noch Freund der «Bild»-Zeitung: «Der FC Bayern hat sich schon immer gewehrt, wenn es nötig ist.»

Kapitän Manuel Neuer, der erstmals nach seinem Beinbruch gegen Galatasaray wieder bei einem Champions-League-Spiel im Tor stehen wird, sagte am Dienstag in der Allianz Arena, dass die große Tuchel-Experten-Show von Dortmund «in der Mannschaft kein großes Thema» gewesen sei. Das war womöglich ein wenig geflunkert. Der Fokus aber lag zu Wochenbeginn wieder auf der nächsten Aufgabe in Europa. Abgesehen vom DFB-Pokal-Aus sei man in dieser Saison «total im Soll», meinte Neuer. Und in Dortmund habe man jetzt «eine Duftmarke gesetzt», kontrolliert, konzentriert und ohne individuelle Fehler gespielt.

Kimmich in der Startelf

Experten zugehört! «Es war unsere beste Teamleistung über 90 Minuten», sagte Tuchel. Gegen Galatasaray soll daran angeknüpft werden. Personelle Umstellungen sind eigentlich nicht angesagt, trotzdem wird es mindestens eine geben. Tuchel ließ keinen Zweifel daran, dass der in der Bundesliga gesperrte Nationalspieler Joshua Kimmich wieder in der Startelf stehen werde. «Jo ist Stammspieler und Fixpunkt in meiner Mannschaft. Er wird auflaufen», sagte der Coach.

Auch Neuer warb für Kimmich, obwohl Leon Goretzka und Konrad Laimer in Dortmund eine formidable Doppel-Sechs bildeten. «Wenn ich mir eine Mannschaft aussuchen kann und Joshua zur Verfügung steht, will ich immer mit ihm spielen», sagte der Kapitän.

Der 37-Jährige berichtete zudem von einem weiteren Austausch mit Bundestrainer Julian Nagelsmann nach dem Dortmund-Spiel. Demnach wird er bei den anstehenden Länderspielen gegen die Türkei und Österreich noch nicht dabei sein. «Fakt ist, dass ich nicht zur Nationalmannschaft reisen werde», sagte Neuer. Das habe auch medizinische Gründe. Er darf sich noch nicht zu viel zumuten. «Ich bin froh, dass ich überhaupt wieder Fußball spielen kann. Das muss man ganz klar sagen», sagte er angesichts der Schwere des Beinbruchs.

Das Hinspiel in Istanbul hatten die Bayern vor zwei Wochen noch mit Sven Ulreich im Tor in einer ohrenbetäubenden Lautstärke nach Toren von Kingsley Coman, Harry Kane und Jamal Musiala mit 3:1 gewonnen. Tuchel erwartet beim schnellen Wiedersehen ein intensives Spiel. Und er ist gespannt auf die Atmosphäre im ausverkauften Stadion: «Wir erwarten große Unterstützung für Galatasaray. Ich weiß nicht, ob das ein normales Heimspiel für uns wird.»

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Bayern München: Neuer – Laimer, Upamecano, Kim, Davies – Kimmich, Goretzka – Coman, Musiala, Sané – Kane

Galatasaray Istanbul: Muslera – Boey, Nelsson, Sánchez, Bardakci – Torreira, Ayhan – Ziyech, Aktürkoğlu, Zaha – Icardi

Schiedsrichter: Carvalho Nobre (Portugal)

Von Klaus Bergmann, dpa
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