Die spanischen Nationalspieler sollen wohl noch vor der EM geimpft werden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Drei Tage vor ihrem Auftaktspiel bei der Fußball-Europameisterschaft wird zumindest ein Teil der spanischen Mannschaft noch gegen das Coronavirus geimpft.

Wie von Trainer Luis Enrique dringend gewünscht, erteilten die Behörden am Donnerstag ihre Zustimmung für Impfungen der Spieler am Freitag. Von 10.00 Uhr an sollen Militärärzte den Profis im EM-Quartier Las Rozas de Madrid den ersehnten Piks setzen. Zuvor hatten die positiven Coronatests von Kapitän Sergio Busquets und Diego Llorente für Wirbel gesorgt und eine heftige Debatte ums Impfen der Fußballer ausgelöst.

Wettlauf gegen die Zeit

Für Enrique und sein Team war es ein Wettlauf gegen die Zeit. Am Sonntag reist die Delegation vom EM-Quartier Las Rozas de Madrid nach Sevilla zum Abschlusstraining im EM-Stadion, am Montag steht das Auftaktspiel gegen Schweden an. Und eines stellte Enrique trotz Impfwunsches auch klar: «Es würde mich stören, aufgrund einer Impfreaktion nicht mit einem Spieler planen zu können.»

Womöglich kann er aber schon früher mit einem seiner Profis planen, die wegen eines positiven Corona-Befundes das Camp umgehend verlassen und sich in Quarantäne begeben mussten. Bei Diego Llorente fielen die weiteren Tests negativ aus. Der Verband sieht bereits Anzeichen, dass es sich bei dem Befund vom Dienstag um ein falsch-positives Ergebnis handelt. Ist dem so, könnte der Profi von Leeds United nach Verbandsangaben schon am Freitag wieder an den Trainingseinheiten teilnehmen. Zudem kann der schon am Sonntag nach einem positiven Test abgereiste Kapitän Sergio Busquets in seiner Isolation in Barcelona trainieren. Er zeige keine Symptome, betonte Enrique.

Enrique benennt Parallelkader

Einen Parallelkader von 17 Spielern hat der Trainer Spanier dennoch eiligst zusammengetrommelt. Die Notreserve soll auch eine solche bleiben. Rekordnationalspieler Sergio Ramos ist auch bei den B-Spielern nicht dabei, der langjährige Abwehrchef hatte viele Verletzungsprobleme in der vergangenen Saison.

«Es ist eine unangenehme, eine beschissene Situation, aber wir werden es durchstehen», sagte der neue Kapitän Jordi Alba in einem Interview der Sportzeitung «As» mit Blick auf die schwer beeinträchtigte Vorbereitung auch durch Einzeltraining nach den Coronafällen. In der Ciudad del Fútbol müssen sich die Spieler morgens um acht Uhr einem PCR-Test unterziehen. Im Labor werden diese so schnell wie möglich ausgewertet, damit vor dem ersten Training am Tag die Ergebnisse feststehen und gegebenenfalls entsprechend gehandelt werden kann.

Ansonsten versucht Enrique seine Mannschaft auf den Auftakt im über 30 Grad heißen Andalusien vorzubereiten. Trainiert wird daher auch, wenn es rund um die Hauptstadt am wärmsten ist. Vier Einheiten am Tag können es auch schon mal unter dem 51-Jährigen werden, der selbst für seine körperliche Fitness bekannt ist und auch schon bei einem Ironman startete.

«Uns bleibt nichts anderes übrig, als normal weiter zu arbeiten und unseren Weg zu gehen», betonte Alba. Dass der EM-Kader derzeit nicht wie gewohnt zusammen trainieren kann, hat seiner Meinung nach keine Auswirkungen. «Wir kennen die Idee unseres Trainers zu hundert Prozent, und die Idee ändert sich ja nicht», sagte er in einem Interview «Radio Marca».

Unterstützung bekommt Enrique bei der Betreuung der Mannschaft unter den erschwerten Bedingungen vom Teampsychologen Joaquín Valdés. Und offensichtlich zeigt auch das Wirkung, denn Enrique berichtete in seiner rund dreivierstündigen Videokonferenz von sehr spektakulären Trainingseinheiten und einem sehr guten Gefühl.

Genaue Anzahl unklar

Und so nahm er auch das heikle Impfthema ohne Jammern oder Lamentieren. «Wenn eine Einigung erzielt wird – fantastisch. Wenn nicht – auch fantastisch», sagte Enrique. Unklar blieb noch, wie viele Spieler geimpft werden. Einige Profis hatten bereits bei ihren Vereinen ein Vakzin erhalten oder sind von einer Infektion genesen. Der Mitteilung zufolge soll je nach Spieler individuell entschieden werden, welchen Impfstoff er erhält.

Dass das Thema derart heikel ist, hat Gründe. Eine «hitzige Debatte», schrieb «AS»: «Supermarktkassiererinnen sind immer noch ungeimpft, und diese Millionäre sollen früher dran kommen als ihnen zusteht!», würden viele klagen. In der Tat wird die Alterspriorisierung beim Impfen in Spanien strikter eingehalten als etwa in Deutschland.

Unabhängig vom Alter werden nur besonders gefährdete Menschen oder diejenigen geimpft, die gesellschaftlich relevante Berufe ausüben, wie Krankenpfleger, Ärzte oder Lehrer. Als die Schwestern von König Felipe VI. sich im März in Abu Dhabi vorzeitig impfen ließen, war eine Welle der Empörung durch das Land gegangen.

Von Jens Marx und Emilio Rappold, dpa
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