Christopher Nkunku (r) trifft zur 1:0-Führung gegen Hannovers Torwart Ron-Robert Zieler. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Daniel Reinhardt/dpa)

Die Spieler von RB Leipzig konnten sich nur schwer entscheiden: Erst einen Kreis bilden oder gleich mit den Fans feiern? Mit dem Spiel an sich hatten sie zuvor weniger Mühe, nach dem 4:0 (2:0) beim Zweitligisten Hannover 96 steht der Favorit im Halbfinale des DFB-Pokals.

Der einzig verbliebene Spitzenclub im Wettbewerb ist nach einer starken Vorstellung nur noch zwei Siege vom ersten Titelgewinn der jungen Vereinsgeschichte entfernt. «Wir spielen viel ruhiger. Auch einen Teil gelassener. Wir haben wieder diese Reife in unserem Spiel», sagte Kevin Kampl. «Wir sind total dominant aufgetreten. Wir stehen absolut verdient im Halbfinale.» Das Team wisse, «was für ein geiles Gefühl das im Finale ist, wir wollen Geschichte schreiben», fügte der 31-Jährige an. Der Gegner gratulierte fair. «Wir sind natürlich enttäuscht, man muss einfach sagen, dass Leipzig gut ist», sagte Hannovers Trainer Christoph Dabrowski bei Sport1.

Christopher Nkunku traf vor 25.000 Zuschauern bereits in der 17. und 22. Minute für den Tabellenvierten der Fußball-Bundesliga. Der 24 Jahre alte Angreifer war bei Paris Saint-Germain nicht an Weltstars wie Neymar und Kylian Mbappé vorbeigekommen, wechselte deshalb 2019 nach Leipzig – und hat nun in dieser Saison in vier Wettbewerben bereits 25 Tore in 36 Pflichtspielen erzielt. Nach der Pause trafen Konrad Laimer (67.) und André Silva (73.) für den Pokal-Finalisten von 2019 und 2021, bei dem Nationalspieler Marcel Halstenberg in der 75. Minute nach langer Verletzungspause zu seinem ersten Saisoneinsatz kam.

Pokalfieber in Hannover

In Hannover war Pokalfieber. Der Mannschaftsbus der 96er wurde am Stadion von Hunderten Fans empfangen – letztmals hatte Hannover vor 15 Jahren ein Viertelfinale erreicht. Hinzu kam, dass der Club nach einem schon mehr als drei Jahre anhaltenden sportlichen Niedergang zum ersten Mal wieder eine größere Bühne betrat. Entsprechend euphorisch war die Atmosphäre zu Spielbeginn – die Mannschaft von Dabrowski gestaltete aber nur die Anfangsminuten offen.

Leipzigs Trainer Domenico Tedesco hatte zwar im Vergleich zum 1:0 am Sonntag in Bochum kräftig rotiert. Mit sieben Neuen in der Startelf gewann der Bundesligist aber bereits nach einer Viertelstunde die nötige Sicherheit. Ein guter Umschaltmoment reichte zur Führung. Dani Olmo spielte einen einfachen Pass in die Spitze auf Nkunku, der sich zu leicht gegen die passive Hannover-Defensive durchsetzen konnte und traf.

Nur wenige Minuten später spielte Josko Gvardiol nach gewonnenem Zweikampf im Mittelfeld einen starken Pass in die Spitze wieder auf Nkunku, der mit Tempo an 96-Torwart Ron-Robert Zieler vorbeiging und ins leere Tor traf. Die Warnung von Vorstandschef Oliver Mintzlaff kurz vor dem Anpfiff schien jetzt übertrieben. «Wir haben ja eigentlich den Pott schon in Leipzig stehen, aber das haben wir nicht!», hatte Mintzlaff bei Sport1 gesagt. «Wir haben schon viele Favoriten sterben sehen.»

Deutlicher Klassenunterschied

Mit zunehmender Spieldauer wurde der Klassenunterschied noch deutlicher. Vom Hannoveraner Aufschwung in der 2. Liga mit zuletzt sieben Punkten aus drei Spielen war nicht mehr viel zu sehen. Benjamin Henrichs vergab kurz vor Pause die große Chance zum 3:0 (43.), und nach dem Seitenwechsel verwaltete RB das Spiel geschickt.

Die Hannover-Fans feuerten ihre Mannschaft zwar weiterhin stimmgewaltig an, viele Gelegenheiten erspielte sich der Zweitligist aber nicht mehr. Dafür die Leipziger: Erst traf Laimer nach kurzer, schneller Kombination und dann auch noch Silva. Die Leipziger Fans sangen: «Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin».

Von Sebastian Stiekel und Jan Mies, dpa
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