Dortmunds Sébastien Haller will im Derby gegen Schalke von Anfang an spielen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

Die elektrisierende Atmosphäre des großen Revier-Duells hat auch Sébastien Haller längst erfasst. Der Dortmunder Stürmer brennt auf seine Derby-Premiere mit dem BVB beim FC Schalke 04. «Ich denke, man muss nicht lange reden, um zu wissen, wie wichtig dieses Spiel ist», sagte Haller bei Sky. Wegen seiner Hodenkrebserkrankung verpasste er das Hinspiel, diesmal soll nichts dazwischenkommen.

Seine Borussia geht als klarer Favorit ins 100. Bundesliga-Kräftemessen der Erzrivalen. Titelaspirant gegen Abstiegskandidat – was soll da schiefgehen? Ganz so eindeutig sind die Vorzeichen vor dem auch aus polizeilicher Sicht hochbrisanten Aufeinandertreffen aber nicht.

«Vor ein paar Wochen hätten alle darüber gesprochen, wie hoch das Ergebnis gegen uns ausfällt», sagte Schalkes Trainer Thomas Reis. «Jetzt hat sich das etwas gewandelt.» Aus dem abgeschlagenen Schlusslicht Schalke ist ein ernst zu nehmender Gegner geworden. Zwei Mannschaften sind in der Bundesliga-Rückrunde noch ungeschlagen: Der BVB und – ja – Schalke.

Klar, die Gelsenkirchener liegen immer noch auf einem Abstiegsplatz. Mit so viel Euphorie sind sie aber lange nicht mehr in ein Spiel gegen den auf vielen Ebenen enteilten BVB gegangen – allein der Marktwert von Dortmund-Star Jude Bellingham übersteigt jenen des gesamte Schalker Kaders. Sechs Partien ohne Niederlage und mit nur einem Gegentor haben das Selbstvertrauen bei Spielern, Verantwortlichen und Fans der Königsblauen kräftig gestärkt. Neben dem eigenen Kampf um die Klasse reizt die Chance, den BVB im Titelrennen gegen Spitzenreiter FC Bayern München zu ärgern.

BVB auch ohne Brandt klarer Favorit

«Das Derby hat seine eigenen Gesetze», diesen Satz hört man rund um die Schalker Arena in den vergangenen Tagen immer wieder. «Es hat ja auch die Vergangenheit gezeigt, dass nicht immer die Mannschaft mit dem höheren Transfermarktwert gewinnt», sagte Torwart Ralf Fährmann. «Sondern die, die das nötige Glück auf ihrer Seite hat und die, die es mehr will.»

Dass Dortmund auch ohne den zuletzt überragenden und nun verletzten Ausnahmekönner Julian Brandt und womöglich auch ohne die fraglichen Marco Reus und Torwart Gregor Kobel am Samstag der klare Favorit ist, weiß auch Coach Reis. «Wenn Dortmund 100 Prozent bringt und wir bringen 100 Prozent, wird es für uns sehr, sehr schwer», sagte er. «Also ist es unsere Aufgabe zu schauen, dass Dortmund nicht an die 100 Prozent ran kommt.» Gelingen soll das vor allem mit «Mentalität».

Die zeigte allerdings auch der BVB zuletzt, gewann enge Partien mit viel Einsatzbereitschaft. Das Champions-League-Aus beim FC Chelsea am Dienstag (0:2) war der erste Rückschlag nach zuvor zehn Pflichtspielsiegen in Serie. «Wir haben den Frust in London gelassen. Das Derby kommt genau im richtigen Moment», sagte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl und Trainer Edin Terzic betonte: «Wir sind definitiv bereit für das Derby. Wir werden alles reinwerfen.»

Terzic wirbt für friedliches Fußballfest

Wie zuvor schon die Schalker und die Polizei in einem offenen Brief an die Fans warb auch der 40-Jährige noch mal um ein friedliches Fußballfest. «Wir hoffen, dass es gewaltfrei über die Bühne gehen wird», sagte Terzic. Sportlich werde seine Mannschaft «alles dafür tun, als Sieger nach Dortmund zurückzukehren».

Damit das gelingt, wird es für sein Team auch darum gehen, sich in der hitzigen Atmosphäre auf Schalke nicht zu sehr auf ein Kampfspiel einzulassen, sondern die fußballerische Überlegenheit zur Geltung zu bringen. Über viel Ballbesitz des BVB will Terzic den Schalkern «die Energie» nehmen.

Welche Rolle Mittelstürmer Haller dabei spielen kann, ließ sich der Trainer am Freitag nicht entlocken. Der 28-Jährige, bei dem Terzic nach dessen Erkrankung genau auf die Belastungssteuerung achtet, hatte mit einem Lachen erklärt, dass er einen Bankplatz im Derby nicht hinnehmen würde. Diese Einstellung gefällt seinem Coach. «Ich finde es sehr gut, wenn die Jungs das nicht akzeptieren», sagte Terzic.

Thomas Eßer, dpa
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