Russlands Torschütze Alexej Mirantschuk bejubelt seinen Treffer. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Anton Vaganov/Reuters Pool/dpa)

Sturmtank Artjom Dsjuba hatte Redebedarf mit seinen Kollegen, Trainer Stanislaw Tschertschessow gestikulierte wild in der Coaching-Zone und der Großteil der Zuschauer war nach dem erlösenden Abpfiff schnell verschwunden.

Von ausgelassener EM-Euphorie ist Mit-Gastgeber Russland trotz des ersten Sieges weit entfernt. Dabei darf die Sbornaja nach dem müden 1:0 (1:0) am Mittwoch gegen Finnland in St. Petersburg weiter auf eine sportliche Überraschung wie bei der Heim-WM 2018 hoffen. Vor rund 25.000 Zuschauern erzielte Alexej Mirantschuk (45.+2) das entscheidende Tor in einer Partie, an die man sich wohl nicht unbedingt lange zurückerinnern wird.

Matchwinner Mirantschuk

«Das war ein wichtiger Sieg zum richtigen Zeitpunkt. Wir haben den Job erledigt, jetzt geht es weiter», sagte Matchwinner Mirantschuk, für den die Chancenverwertung noch ausbaufähig war: «Bei diesem Turnier spielen viele gute Teams mit, da muss man jede Chance nutzen.» Trainer Tschertschessow sprach von einer Steigerung: «Unser Plan ist aufgegangen. Wir mussten präziser sein, das waren wir.»

Die Finnen spielten wie schon beim vom Kollaps von Christian Eriksen überschatteten 1:0-Sieg in Dänemark mutig und hatten ihre Szenen, ließen diesmal aber die letzte Konsequenz vermissen. Mit jeweils drei Punkten haben beide Nationen am letzten Spieltag den Einzug ins Achtelfinale in eigener Hand. Für die Finnen, die am Montag (21.00 Uhr) im Duell mit Belgien klarer Außenseiter sind, wird das besonders schwierig.

«Schmerzende Niederlage» für die Finnen

«Ich bin natürlich enttäuscht. Das ist eine schmerzende Niederlage», sagte Finnlands Bundesligaprofi Joel Pohjanpalo und fügte hinzu: «Jetzt lassen wir das hier schnell hinter uns und fokussieren uns auf Belgien.»

Bevor der Ball rollte, schickten die Finnen noch eine Grußbotschaft an Eriksen. «Get well Christian», stand in blauer Schrift auf den weißen Aufwärmshirts. Schließlich war das Drama um den dänischen Superstar mit zwischenzeitlichem Herzstillstand vier Tage zuvor in Kopenhagen nicht spurlos an Teemu Pukki und Co. vorübergegangen.

Doch auch beim nächsten EM-Gastspiel verstanden es die Finnen, sportlich an ihre Grenzen zu gehen. Der Außenseiter aus dem Norden bot den Russen Paroli und hatte selbst gute Möglichkeiten. Was fehlte, war die Cleverness – und etwas Glück. Schon in der dritten Minute jubelte Pohjanpalo, doch der Siegtorschütze aus dem Dänemark-Spiel stand bei seinem Kopfball hauchdünn im Abseits (3.).

Zukunft von Pohjanpalo offen

Eine weitere Großchance vergab der Blondschopf in der 20. Minute, als Igor Diweew in höchster Not dazwischen grätschte. Trotzdem hat Pohjanpalo auf der EM-Bühne Eigenwerbung betrieben. Für den 26-Jährigen ist noch unklar, wie es weitergeht. Der an Union Berlin ausgeliehene Stürmer kehrt im Sommer zu Bayer Leverkusen zurück, wo er sich bislang nicht durchsetzen konnte.

Die russischen Fans hatten sich den Start des Spiels jedenfalls ganz anders vorgestellt. Von den begeisternden Auftritten bei der WM 2018 ist die Sbornaja bislang ein gutes Stück entfernt. Auch sonst ist in St. Petersburg noch nicht so recht die EM-Stimmung aufgekommen, obwohl immerhin die Hälfte der Plätze in der EM-Arena besetzt werden darf.

Sehenswertes Tor

Wie schon bei der klaren Auftaktniederlage gegen Belgien (0:3) fiel den Russen wenig ein. Aber immerhin war auf Dsjuba Verlass. Kurz vor der Pause setzte der Stürmer Mirantschuk in Szene, der den Ball sehenswert nach kurzem Haken ins lange Eck schlenzte. Zuvor hatten die Russen einen weiteren Ausfall zu beklagen. Mario Fernandes knallte nach einem Zweikampfduell in der Luft auf den Boden und wurde auf einer Trage vom Spielfeld gebracht. Schon im ersten Spiel hatte sich Routinier Juri Schirkow verletzt.

Die zweite Halbzeit begann wie die erste – mit einer guten Aktion der Finnen. Nach einem langen Ball tauchte Pukki frei vor Russlands Keeper Matvei Safonow auf. Doch die neue Nummer eins im Team von Tschertschessow, der überraschend Anton Schunin rausgenommen hatte, musste nicht eingreifen, weil Diweew wieder mit einer Grätsche Schlimmeres verhinderte. Kurz darauf wurde dann auch Safonow beim allerdings unplatzierten Schuss von Pukki geprüft (53.).

Von Patrick Reichardt und Stefan Tabeling, dpa
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