Dortmunds Mats Hummels kehrt ins DFB-Team zurück. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Julian Nagelsmann setzt gleich ein Zeichen – und was für eines. Mit Rückkehrer Mats Hummels als Anführer und einem «Leuchten in den Augen» nicht nur bei seinen drei Überraschungs-Debütanten will der neue Bundestrainer wieder für Fußball-Lust bei der Nationalmannschaft sorgen.

«Mir ist wichtig, dass wir uns im Hier und Jetzt bewegen, nicht zu viel von der EM sprechen. Das Event kommt von ganz alleine. Es geht darum, dass wir eine Stimmung erzeugen, die für uns wertvoll ist als Mannschaft», sagte Nagelsmann nach der Verkündung seines ersten Kaders als DFB-Chefcoach für die große Amerika-Reise.

Nagelmann weiß, nach den zahlreichen Enttäuschungen unter seinem Vorgänger Hansi Flick müssen jetzt Siege her, und zwar gleich in den Testpartien in Übersee gegen die USA am 14. Oktober (21.00 Uhr/RTL) in Hartford und gegen Mexiko am 18. Oktober (2.00 Uhr/ARD) in Philadelphia. Deshalb macht der 36-Jährige für sein vorerst auf zehn Monate angelegtes Bundestrainer-Projekt deutlich: Es zählen für ihn weder Meriten noch langfristige Perspektiven über die EM hinaus. Sondern nur die aktuelle Leistung und Form.

«Das ist ein wichtiger Punkt bei der Nationalmannschaft, das Momentum. Die Spieler, die auf dem Peak sind einzuladen und denen die Chance zu geben», begründete Nagelsmann seine Personalauswahl für einen 26-Mann-Kader voller Reizpunkte. Gerade bei den teilweise schon betagten Neulingen Chris Führich (25) vom VfB Stuttgart, Kevin Behrens (32) vom 1. FC Union Berlin und Robert Andrich (29) von Bayer Leverkusen sieht Nagelsmann diese Bereitschaft zur Leidenschaft.

Die Top-Personalie ist aber Hummels (34). Mehr als zwei Jahre nach seinem 76. und bislang letzten Länderspiel beim EM-Aus gegen England kehrt der meinungsstarke und streitbare Abwehrspieler ins DFB-Team zurück – und zwar als Führungsfigur, wie Nagelsmann gleich klarmachte. «Mats ist ein Spieler mit einer sehr großen Erfahrung. Und das ist auch das, was wir sehen wollen», äußerte der Bundestrainer in einem DFB-Video.

«Ich verspreche mir auch, dass er im Training die Dinge, die ich sehen will, auch weitertragen kann an Teamkollegen.» Hummels sei ein Spieler, der seine Anweisungen und taktischen Forderungen nicht nur verstehe, sondern auch an die Mitspieler weiterreichen könne «Absolut bereit», schrieb Hummels bei Instagram Story über dem Kader mit seinem Namen, nachdem der DFB bei der Veröffentlichung des Aufgebots gefragt hatte: «Bist du bereit?»

Mit dem Ende der Ära von Bundestrainer Joachim Löw schien auch Hummels Länderspielzeit vorbei. Unter Löw-Nachfolger Flick stand der Dortmunder nicht einmal im Aufgebot. Einen Rücktritt gab es aber nie. Nun vollzieht die wechselhafte Karriere nochmals eine Wende. Bereits Löw hatte zwischen Frühjahr 2019 und 2021 auf Hummels verzichtet und ihn dann – letztlich ohne Erfolg – für sein letztes Turnier als Bundestrainer zurückgeholt. Nun soll Hummels der zuletzt instabilen Abwehr auf dem Weg zum Heimturnier neuen Halt geben.

Auch Müller wieder im DFB-Kader

Und Hummels ist nicht der einzige Grundpfeiler im vergleichsweise hohen Fußball-Alter. Auch Rio-Weltmeister Thomas Müller (34) gehört zum Aufgebot. Insgesamt wird die Hälfte der aktuell 26 Nagelsmann-Nationalspieler am Tag des EM-Finales, dem 14. Juli 2024, mindestens 30 Jahre alt sein.

Diesem Datum als Fixpunkt will Nagelsmann aber jetzt nicht zu viel Bedeutung geben. Es kommt für ihn auf einen erfolgreichen Start seiner DFB-Amtszeit an. «Das erwarte ich, dass jeder Lust hat, Spiele zu gewinnen im Hier und Jetzt und nicht ein bisschen Tingeltangel machen, um dann im Sommer präpariert zu sein. Wir müssen jetzt präpariert sein», mahnte er eindringlich vor dem Abflug nach Amerika am kommenden Montag mit fünf seiner früheren Bayern-Profis um den wieder berücksichtigten Leon Goretzka als stärkstem Vereinsblock.

Hummels ist der erste große Gewinner des Wechsels von Flick zu Nagelsmann. Einige seiner Dortmunder Kollegen müssen sich erstmals als Verlierer fühlen. Keine Berücksichtigung fanden nämlich Nico Schlotterbeck, Emre Can sowie auch Felix Nmecha. Doch Nagelsmann ist erfahren genug, keine EM-Tür zuzumachen. Von Schlotterbeck erwartet er künftig «mehr Konstanz», Can wolle er ein wenig «den Druck nehmen», um beim BVB wieder die Form zu finden. Auch sein einstiger Leipziger Lieblingsspieler Timo Werner fehlt im Formtief weiter im DFB-Aufgebot. Über Leistung im Club könne «sich jeder präsentieren», sagte Nagelsmann. «Gerne, jeder weiter bewerben», formulierte er einen Aufruf an alle EM-Kandidaten.

Der DFB-Kader:

Tor: Oliver Baumann (TSG Hoffenheim), Bernd Leno (FC Fulham), Marc-André ter Stegen (FC Barcelona), Kevin Trapp (Eintracht Frankfurt)

Abwehr: Robin Gosens (1. FC Union Berlin), Mats Hummels (Borussia Dortmund), David Raum (RB Leipzig), Antonio Rüdiger (Real Madrid), Niklas Süle (Borussia Dortmund), Jonathan Tah (Bayer Leverkusen), Malick Thiaw (AC Mailand)

Mittelfeld: Robert Andrich (Bayer Leverkusen), Julian Brandt (Borussia Dortmund), Chris Führich (VfB Stuttgart), Leon Goretzka (Bayern München), Pascal Groß (Brighton & Hove Albion), Ilkay Gündogan (FC Barcelona), Jonas Hofmann (Bayer Leverkusen), Joshua Kimmich (FC Bayern München), Jamal Musiala (FC Bayern München), Leroy Sané (FC Bayern München), Florian Wirtz (Bayer Leverkusen)

Angriff: Kevin Behrens (1. FC Union Berlin), Niclas Füllkrug (Borussia Dortmund), Kai Havertz (FC Arsenal), Thomas Müller (FC Bayern München)

Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa
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