Der BVB scheint für den Ligagipfel beim FC Bayern gerüstet zu sein. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

Noch Minuten nach der Torgala bebte die mächtige Südtribüne. «Zieht den Bayern die Lederhosen aus!», schallte es in imposanter Lautstärke von der Gelben Wand. Das 6:1 (4:1) über den 1. FC Köln taugte den Dortmunder Fans und Profis als Mutmacher für das Bundesliga-Gipfeltreffen am 1. April in München.

Berauscht von der prächtigen Stimmung im Stadion und der anhaltenden Erfolgsserie der Borussia mit zuletzt 28 von 30 möglichen Punkten verspürte der erstmals ins Nationalteam berufene Marius Wolf wenig Lust auf Understatement. «Wir wissen, worum es geht nach der Länderspielpause. Wir werden nach München fahren, um dort zu gewinnen», tönte er. Durch das 1:2 des FC Bayern einen Tag später bei Bayer Leverkusen geht der Revierclub nun sogar als neuer Tabellenführer in den Bundesliga-Clásico.

Fußball-Deutschland kann sich erstmals seit Jahren wieder auf ein echtes Spitzenduell freuen. Schließlich rüttelt der mittlerweile formstabile Revierclub gehörig am Thron des Alleinherrschers. Das schürt bei Kapitän Marco Reus die Vorfreude auf den Bundesliga-Clásico und die Hoffnung, dass sein Team in München nach mitunter krachenden Niederlagen in den vergangenen acht Ligaduellen mit einer beschämenden Tordifferenz von 6:33 diesmal nicht chancenlos untergeht: «In zwei Wochen haben wir ein richtig geiles Spiel vor der Brust. Wir werden hoffentlich bereit sein.» Von einem Endspiel um den Titel wollte der 33 Jahre alte Routinier bei aller Brisanz aber nicht sprechen: «Generell würde ich jetzt nicht sagen, dass es entscheidend ist, aber es ist sehr wichtig.»

Doppelpack von BVB-Kapitän Reus

Gegen Köln trug Reus dazu bei, dass der Dortmunder Frust über das Champions-League-Aus gegen den FC Chelsea (0:2) und den Dämpfer im Revierderby auf Schalke (2:2) rechtzeitig vor dem Duell der deutschen Branchenführer vertrieben wurde. Nicht nur sein Doppelpack (32./70. Minute), sondern auch seine Antwort auf die Frage nach dem Stand der monatelangen Verhandlungen über seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag kam bei den Fans gut an: «Ich habe in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren schon öfter gesagt, dass ich gern meine Karriere hier beenden möchte. Ich fühle mich richtig gut, wir werden sehen.»

Der in Dortmund geborene Reus lieferte Argumente für einen Verbleib. Dem diesmal nicht für die Nationalmannschaft nominierten Offensivallrounder gelangen die Pflichtspieltore 160 und 161 für seinen Heimatclub. Damit zog er an Michael Zorc (159) vorbei und ist bester Schütze im Dortmunder Profifußball. In der Bundesliga kommt Reus nun auf 150 Tore (114 für den BVB, 36 für Gladbach).

Neben Reus befinden sich auch weitere Profis in aufsteigender Form und könnten zu einem Coup in der Allianz Arena beitragen. So verdiente sich auch der erneut von der Außenverteidiger-Position ins Mittelfeld beorderte Raphael Guerreiro Bestnoten und steuerte wie schon im Derby auf Schalke einen Treffer (15.) bei. Agiert der Portugiese weiter auf diesem Niveau, wäre der BVB gut beraten, auch diesen zum Saisonende auslaufenden Vertrag zu verlängern und Guerreiro dauerhaft in der Kreativ-Zentrale einzuplanen: «Darüber haben wir uns natürlich ein paar Gedanken gemacht», bekannte Sportdirektor Sebastian Kehl, «wir sind in Gesprächen. Warten wir einfach mal ab.»

Dass auch Angreifer und Torschütze Donyell Malen (36.) endlich durchzustarten scheint und Sébastien Haller seine seit Anfang Februar anhaltende Torflaute beendete, rundeten für die Dortmunder den gelungenen Fußballabend ab. Besonders laut wurden die beiden Treffer des im vergangenen Sommer an Krebs erkrankten Haller (17./69.) bejubelt. «Das wird ihm Auftrieb geben. Ein Stürmer lebt von Toren», kommentierte Kehl. Hallers erster BVB-Doppelpack dürfte die zuletzt stärker werdenden Zweifel an seinen Qualitäten vertreiben. «Das, was unterschwellig aufkam, war nicht gerechtfertigt», sagte Kehl.

Kameramann bei Pyro-Vorfall verletzt

Überschattet wurde die Partie von einem Pyro-Vorfall. Die fast über die gesamte Partie andauernde Zündelei im Kölner Zuschauer-Block blieb nicht ohne Folgen. Ein Kameramann von Sky wurde am Auge verletzt. Deshalb wurde laut Mitteilung der Dortmunder Polizei ein Strafverfahren eingeleitet.

«Das darf auf gar keinen Fall passieren, dass jemand, der seinen Job macht, verletzt wird. Dann muss man in aller Deutlichkeit darüber reden», klagte Kölns Lizenzspielleiter Thomas Kessler. Nicht minder verärgert reagierte Trainer Steffen Baumgart und forderte eine neue Strategie im Umgang mit Pyrotechnik: «Das Problem wird so, wie wir es momentan angehen, definitiv nicht gelöst, das sehen wir jedes Wochenende. Also sollten sich vielleicht mal ein paar kluge Köpfe hinsetzen und über eine andere Strategie nachdenken», sagte er der ARD.

Heinz Büse, dpa
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