Muss sich bei der EM mit der Jokerrolle zufrieden geben: Bayern-Profi Leroy Sané. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Der Bayern-Block formiert sich langsam, auch wenn Thomas Müller wegen eines schmerzenden Knies fürs Ungarn-Spiel wackelt.

Kapitän Manuel Neuer nahm sich vorm Gruppenfinale der Nationalmannschaft höchstpersönlich des frustrierten Leroy Sané an, der bei der Fußball-Europameisterschaft eine Hauptrolle à la Senkrechtstarter Robin Gosens spielen will, aber in den ersten zwei Partien die große Münchner Randfigur in Joachim Löws Ensemble war. Für Künstler Sané ist aktuell kein Platz in Löws EM-System.

Sané nur mit Jokerrolle

Sané steht schon wieder im Turnier-Abseits. Die Ausbootung vor der vermurksten WM 2018 in Russland, die der heute 25-Jährige als «härtesten» Karrieremoment beschrieb, will Sané vergessen machen. Beim Training am Montag in Herzogenaurach passte sich Neuer beim Aufwärmen die Bälle mit ihm zu. Bankdrücker Sané braucht Zuwendung.

Auch beim anschließenden Fußballtennis-Turnier spielten der Torwart und der Flügelstürmer mit Emre Can und Antonio Rüdiger in einem Team. Auffälliger war noch, dass es eine reine Bayern-Mannschaft mit Joshua Kimmich, Serge Gnabry, Leon Goretzka, Niklas Süle und Jamal Musiala gab, die beim Turnier Zweiter wurde. Passen musste Müller, der wegen einer Kapselverletzung am Knie gegen Ungarn auszufallen droht.

Löw könnte sich bei der Lösung eines Müller-Ausfall direkt beim starken Bayern-Block bedienen. «Thomas‘ Position ähnelt meiner schon. Grundsätzlich traue ich mir die Rolle zu», bewarb sich Goretzka. Der Muskelmann kann im Mittelfeld alles spielen: Sechser, Achter, Zehner. Und er fühlt sich «bereit», nach einem Kurzeinsatz gegen Portugal «voll anzugreifen. Für mich kann das Turnier jetzt richtig losgehen.»

«Enge Kiste» bei Goretzka

Sechs Wochen musste Goretzka wegen eines Muskelfaserrisses im Oberschenkel aussetzen. Es war «eine enge Kiste», rechtzeitig fit zu werden, berichtete. Viel Arbeit, viel Zeit investierte er in Reha und Aufbautraining. «Jetzt fühle ich mich topfit.» Löw freut das, denn Goretzka bringt viel Dynamik und Torgefahr mit.

Auch Abwehrhüne Süle lauert auf ein Startelf-Mandat. Der 25-Jährige hat seine körperlichen Rückstände aufgeholt und würde in der Abwehr Mats Hummels (Patellasehne) ersetzen, falls dieser passen muss.

Acht Bayern-Profis hat Löw in seinen 26-Mann-Kader berufen. Vier zählen seit dem Anpfiff des Turniers zur EM-Elf: Neuer im Tor, Kimmich rechts im Mittelfeld, Müller und Gnabry in der Offensive.

Der Bundestrainer weiß um die Vorzüge einer Blockbildung, ohne sie erzwingen zu wollen. «Grundsätzlich ist es schon so, dass die Bayern eingespielt sind untereinander. Ein Block kann helfen», sagte Löw. Die Vereinszugehörigkeit sei für ihn aber «kein Kriterium, einzelne Spieler aufzustellen». Siehe Sané. «Am Ende zählt die Qualität des einzelnen Spielers auf der jeweiligen Position», erläuterte Löw.

Goretzka hätte er gerne schon gegen Frankreich auf dem Platz gehabt. Aber da war Löw das Risiko nach der Muskelverletzung noch zu groß. Gegen Portugal kam der 26-Jährige in der Schlussphase rein und war mit seiner Dynamik im Mittelfeld gleich ein belebendes Element. Auch Süle kam in der 73. Minute und strahlte hinten eine gute Präsenz aus.

Sané schiebt Frust

Goretzka und Süle warten nun auf das nächste «Go» von Löw. Sané dagegen schiebt Frust. Das ist ihm seit dem Start der Vorbereitung anzumerken. Vor der WM 2018 sortierte Löw ihn im Trainingslager aus. Drei Jahre später ist Sané auch ein Opfer des EM-Spielsystems. In Löws 3-4-3 mit Gosens und Kimmich als stürmende Außenverteidiger gibt es keinen Verwendungszweck für einen Dribbler wie Sané, der von außen zur Grundlinie vorstößt oder hakenschlagend in die Mitte zieht.

Sané bleibt darum vorerst ein Edeljoker, der wie Timo Werner auf seinen Turniermoment warten muss. Anders als sein Vereinskollege Musiala. Für den 18-Jährigen ist die EM vor allem als Schnupperkurs gedacht. «Mit Jamal muss man Geduld haben», sagte Löw: «Er hat sehr gute Ansätze. Er braucht ein bisschen Zeit, um in die Nationalmannschaft hineinzuwachsen.» Seine Zeit kommt nach der EM.

Von Klaus Bergmann und Jens Mende, dpa
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