Abdulaziz bin Turki Al-Faisal (r), Vorsitzender der General Sport Authority (GSA) von Saudi-Arabien, würde einen Investor aus dem eigenen Land begrüßen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: -/Saudi Press Agency/dpa)

Bei Anhängern von Manchester United sorgte die Nachricht für Erleichterung und Euphorie, beim FC Liverpool eher für Unsicherheit. Nach dem Inhaberwechsel beim FC Chelsea stehen nun die beiden wohl traditionsreichsten Fußballvereine aus England vor einem möglichen Verkauf. Die Liste mutmaßlicher Interessenten umfasst Royals aus dem Mittleren Osten, Superreiche aus Großbritannien und den USA und einige Internetriesen.

Die Glazers, seit 2005 umstrittene Inhaber des englischen Rekordmeisters Man United, ließen mitteilen, dass sie einen Verkauf in Betracht ziehen, was nicht heißt, dass es auch dazu kommt. «Wir werden sehen, wo das hinführt», sagte Avram Glazer dem TV-Sender Sky News. Der 62-Jährige ist seit dem Tod seines Vaters Malcolm im Jahr 2014 auch Man-United-Vorsitzender – gemeinsam mit seinem Bruder Joel.

Drei Wochen vorher war überraschend bekannt geworden, dass die US-amerikanische Fenway Sports Group (FSG), seit 2010 Inhaberin des FC Liverpool, offen für Angebote ist. Laut einem Bericht von «The Athletic» schätzen Experten den Verkaufswert auf über fünf Milliarden Dollar (ca. 4,8 Milliarden Euro) – mehr als das Zehnfache der 343 Millionen, die die vom US-Geschäftsmann John W. Henry gegründete FSG 2010 für den FC Liverpool bezahlt hatte.

Viel Kritik an United-Inhabern

Der Grund ist offensichtlich. Die FSG machte Liverpool wieder international konkurrenzfähig. Mit Trainer Jürgen Klopp gewannen die Reds fast alle Clubtitel, darunter die erste englische Meisterschaft seit 30 Jahren und die prestigeträchtige Champions League. Das Stadion Anfield wurde modernisiert. Der FC Liverpool ist eine Weltmarke und generiert allein durch Sponsoren-Deals in dieser Saison umgerechnet über 160 Millionen Euro.

Hingegen ging es für Manchester United seit der Übernahme durch die Glazers bergab. Der letzte Meistertitel ist im kommenden Sommer zehn Jahre her – eine Ewigkeit für die einst erfolgsverwöhnten Fans, die den Glazers die Schuld an der sportlichen und wirtschaftlichen Misere geben. Das berühmte Stadion Old Trafford gilt als baufällig.

«Sie haben mit Manchester United viel Geld verdient», schrieb der Manchester United Supporters‘ Trust, ein Fanverband, in einem offenen Brief an die Glazers. «Sie haben Hunderte Millionen Pfund ausgegeben, ohne einen einzigen Cent (in den Verein) zu investieren.» Immer wieder protestierten Fans vehement gegen die Glazers. Zuletzt schimpfte Cristiano Ronaldo in einem TV-Interview, das zum Bruch mit Man United führte, auf die Besitzer. Die Glazers interessierten sich nur für ihren eigenen Profit, aber nicht für den Verein, sagte er.

FC Chelsea-Deal als Vorbild

Dass bei den beiden berühmtesten Fußballclubs aus England nun laut über einen Verkauf nachgedacht wird, liegt wohl auch daran, dass der FC Chelsea im Sommer für viel Geld den Besitzer gewechselt hat. Ein Konsortium um den US-Geschäftsmann Todd Boehly hatte den Londoner Club vom russischen Milliardär Roman Abramowitsch übernommen und dafür laut Medienberichten umgerechnet rund 5 Milliarden Euro bezahlt. Die Summe dürfte einige Inhaber ins Grübeln gebracht haben, auch wenn Chelsea derzeit in einer sportlichen Krise steckt.

Man United hat die Raine Group engagiert, die den Verkauf von Chelsea durchgeführt hat. Obwohl Abramowitsch wegen der Sanktionen gegen ihn verkaufen musste, erzielte Raine eine hohe Summe. Bei Man United rechnet man nun offenbar mit einem noch höheren Verkaufspreis, der laut Medienschätzungen bei umgerechnet etwa 6 Milliarden bis 10 Milliarden Euro avisiert wird. Das dürfte aber deutlich zu hoch angesetzt sein.

Lange Liste an Interessenten

Im vergangenen Jahr war Newcastle United an den saudischen öffentlichen Investmentfonds verkauft worden, was nicht nur in England umstritten ist. Denn damit gehört Newcastle im Prinzip Saudi-Arabien, das wegen Missachtung der Menschenrechte in der Kritik steht. Den meisten Fans ist das egal. Sportlich geht es für die Magpies seitdem steil bergauf. Geld spielt längst keine Rolle mehr.

Auch die neuen Inhaber von Manchester United könnten aus der Region stammen. Saudi-Arabiens Sportminister Prinz Abdulaziz bin Turki Al-Faisal sagte am Rande der WM in Katar in TV-Interviews, er hoffe, dass Man United und der FC Liverpool von saudischen Investoren übernommen werden. Aus dem Umfeld von Man United hieß es, man suche nach dem besten Inhaber, nicht unbedingt nach dem höchsten Preis. Ein weiterer Topkandidat bei Man United ist Sir Jim Ratcliffe. Der 70-Jährige ist einer der reichsten Briten und hatte dem Vernehmen nach schon in der Vergangenheit Angebote abgegeben. Gerüchteweise sollen auch Tech-Giganten wie Apple, Amazon und Facebook interessiert sein.

Beim FC Liverpool ist die Liste möglicher Interessenten ebenfalls lang. Sie umfasst unter anderem die private Investmentfirma RedBird Capital Partners, die aktuell 10 Prozent der Liverpool-Anteile hält, und Berichten zufolge die Königsfamilie von Dubai. Die hatte schon 2006 erfolglos versucht, den Kultclub zu kaufen.

«Es ist Zeit für Veränderung», forderte der Manchester United Supporters‘ Trust in dieser Woche. Die meisten Anhänger des Rekordmeisters sind überzeugt, dass nach den Glazers alles nur besser werden kann. Eine Garantie dafür gibt es nicht – und genauso wenig dafür, dass Man United und Liverpool tatsächlich ihre Besitzer wechseln.

Philip Dethlefs, dpa
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