Die Kölner Spieler stehen vor dem Abstieg aus der Bundesliga. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Das war es wohl für den 1. FC Köln. Wieder einmal. Nach dem 0:0 gegen den SC Freiburg besteht zwar noch eine theoretische Chance auf den Klassenerhalt, doch ernsthaft daran glauben kann kaum jemand.

«Wir sind nicht naiv», sagte Sportchef Christian Keller. Die gespenstische Stille im normalerweise so lauten Stadion nach dem Abpfiff, die leeren Gesichter, die hilflosen Gesten, all das belegte die Ernüchterung und die Hoffnungslosigkeit. «Wahrscheinlich haben alle das Gleiche gedacht im Stadion», sagte Keller. Was er im ersten Moment gedacht habe? «Scheiße.»

Unabhängig von den Rechenspielen nach den Sonntagspartien sei es «insgesamt eine Saison der vergebenen Chancen», bilanzierte der Sportchef. Und der schon siebte Abstieg in nur 26 Jahren wäre einer, der sich lange abgezeichnet hat. Die unglückliche Transfer-Politik im Sommer nach den unvermeidlichen und ablösefreien Abgängen der beiden besten Spieler Jonas Hector und Ellyes Skhiri. Die Trennung vom vorherigen Kult-Trainer Steffen Baumgart, der augenscheinlich den Glauben in die Mannschaft verloren hatte. Die Transfersperre durch die FIFA, die schon ein Nachlegen im Winter verbot – all das waren Vorboten.

Wer ist der Schuldige?

Längst hat die Suche nach den Schuldigen begonnen. Keller rückt dabei bei vielen in den Vordergrund. Fehler in der Kaderplanung hat er längst eingestanden. Doch ihm waren auch in vielerlei Hinsicht die Hände gebunden. «Wir haben das Kaderbudget im Vergleich zu vor zwei Saisons um rund ein Drittel reduziert. Weil wir es mussten, weil es um die Existenzsicherung ging», sagte Keller: «Das ist natürlich zulasten der sportlichen Leistungsfähigkeit gegangen. Das war ein Risiko. Wir haben gedacht, dass wir eine bessere Balance herstellen können. Wir haben gedacht, dass wir es so handeln können, dass am Schluss der Klassenerhalt steht.»

Denn im Kader stecke schon mehr drin. «Das mag sich komisch anhören und man kann mich naiv nennen», sagte Keller: «Aber ich bin nach wie vor der Meinung, dass der Kader besser sein könnte als Platz 17. Wir hatten viele Verletzungen, Formtiefs von wichtigen Spielern, da gab es mehrere Komponenten.»

Dem stimmte auch Baumgart-Nachfolger Timo Schultz zu, der in derselben Anzahl von Spielen nur zwei Punkte mehr holte als sein Vorgänger. «Man muss der Wahrheit ins Gesicht schauen: Wir haben einfach zu wenig Tore», sagte er angesichts von nur 24 Treffern und 15 Spielen ohne Tor: «Die Wahrheit hat aber vielleicht noch ein zweites Gesicht. Nämlich, dass uns mit Davie Selke, Mark Uth und Luca Waldschmidt die erfahrensten Spieler in Offensive lange weggebrochen sind. Und wenn sie gespielt haben, hatten sie überhaupt keinen Rhythmus. Dass du das in der Breite abdecken kannst, ist nicht normal.»

Transfersperre macht es schwer

Umso schwerer wiegt von daher die auch im Sommer geltende Transfersperre. Nach den bisherigen Abstiegen kam der FC, der zumindest finanziell etwas konsolidiert ist, viermal direkt im ersten und zweimal im zweiten Jahr zurück.

Wie hausgemacht die schlechte Saison trotz der Umstände war, zeigte aber wieder das Beispiel von Präsident Werner Wolf. Der hatte unter der Woche über die vereinseigenen Kanäle und am Freitag erneut in einem Interview mit der «Kölnischen Rundschau» schon über Planungen für die 2. Liga gesprochen – in einer Woche, in der sich die Mannschaft auf ein überlebenswichtiges Spiel vorbereitete. «Es ist beim FC so üblich, dass immer wieder was von außen kommt», sagte dazu Kapitän Florian Kainz sichtlich verärgert.

Keller, der wie seine Geschäftsführer-Kollegen von Wolf quasi eine Jobgarantie bekommen hatte, verteidigte den Präsidenten. Wolf habe nur von einem «realistischen Szenario» gesprochen und «Orientierung im Innenverhältnis gegeben. Deshalb war das richtig, was er gemacht hat.» Auf die Frage, ob für «Orientierung im Innenverhältnis» ein Interview nötig gewesen sei, erklärte Keller: «Wir sind ein Mitglieder-geführter Club mit knapp 140.000 Mitgliedern. Dann ist es auch die Aufgabe, dorthin zu kommunizieren.»

Von Holger Schmidt, dpa
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