Den Pokal im Blick: Leverkusens Trainer Xabi Alonso will nach der Meisterschale die nächste Trophäe holen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Soeren Stache/dpa)

Dann eben das Double. Mit Frust und einer Jetzt-erst-recht-Haltung geht Bayer Leverkusen in das ungleiche DFB-Pokalfinale gegen Zweitligist 1. FC Kaiserslautern am Samstag (20.00 Uhr/ARD und Sky). Nach dem bitteren 0:3 im Endspiel der Europa League gegen Atalanta Bergamo hofft der deutsche Meister nun auf einen glorreichen Abschluss einer historischen Spielzeit.

«Wenn nicht Triple, dann Double. Wir haben immer noch die Chance, die fast perfekte Saison zu spielen», sagte Mittelfeld-Stratege Granit Xhaka nach dem geplatzten Titel-Traum von Dublin. Trainer Xabi Alonso gab die Parole aus: «Was vorbei ist, ist vorbei. Ich habe das Gefühl, dass unser Hunger noch größer geworden ist. Wir müssen den Schmerz nutzen und in Energie verwandeln.»

Xhaka nimmt sein bis vergangenen Mittwoch fast ein Jahr ungeschlagenes Team in die Pflicht. «Jetzt müssen wir schauen, was diese Mannschaft wirklich für einen Charakter hat», sagte der Schweizer. «Natürlich ist es einfacher, wenn alles schön läuft. Wenn man 51 Spiele nicht verliert, ist es einfach, zueinanderzustehen und zu lachen. Jetzt ist die Zeit zu sehen, welcher Spieler Charakter hat und schnell wieder aufstehen kann.»

Lauterns Trainer-Oldie Friedhelm Funkel räumte dagegen vor seinem insgesamt fünften Pokalendspiel ein: «Ich war noch nie mehr Außenseiter als in diesem Spiel.» Die Pfälzer hatte der 70-Jährige gerade noch vor dem Abstieg bewahrt, seine Mission auf dem Betzenberg ist damit erfüllt, er muss einem bislang nicht benannten Nachfolger Platz machen. In Berlin bekommt er noch einmal die ganz große Bühne.

Neue Situation für die Bayer-Profis

Als Spieler der Roten Teufel kämpfte Funkel vor 43 Jahren schon im Pokalfinale, damals in Stuttgart und noch nicht in Berlin. Es setzte ein 1:3 gegen Eintracht Frankfurt. Als Chefcoach unterlag er 1998 mit dem MSV Duisburg dem FC Bayern (1:2) und 2006 mit Frankfurt wieder den Münchnern (0:1). Aber: Mit Bayer Uerdingen gelang dem jungen Funkel 1985 im Olympiastadion ein 2:1-Finalsieg gegen Bayern München. «Wenn es damals eine riesengroße Überraschung und Sensation war, dann brauchen wir jetzt ein Wunder», sagte er.

Die Leverkusener äußerten sich positiv, sie wollen trotz der Europa-Enttäuschung einen Mix aus Selbstbewusstsein und Trotzigkeit zur Schau stellen. Doch zwei kleine Hoffnungsschimmer gibt es seit Mittwoch für die Lauterer. Zum einen muss diese Bayer-Truppe als erster ungeschlagener Bundesliga-Meister erstmals eine Niederlage verarbeiten. «So eine Situation hatten wir noch nicht», sagte Xhaka.

Sportchef Simon Rolfes betonte jedoch, dass seine Mannschaft «innerhalb der Spiele schon oft gezeigt hat, dass sie wieder aufstehen kann». Zudem sei die Stärke in dieser Saison «aus der Enttäuschung der vergangenen entstanden».

Leverkusen will den Ärger rauslassen

Doch im Hinterkopf des ein oder anderen Profis könnten zum anderen vielleicht auch Befürchtungen aufkommen, die Stimmung am Ende dieser einmaligen Saison ausgerechnet im Schlussspurt und vor der Feier am Sonntag in Leverkusen mit bis zu 80.000 erwarteten Fans zu verderben. «Uns allen ist klar, dass diese Saison etwas glücklicher beendet werden muss», sagte Kapitän und Torhüter Lukas Hradecky, der am Samstag trotz der bisherigen Pokal-Garantie für Vertreter Matej Kovar spielen darf und somit sein viertes Pokalfinale absolviert: «Deshalb müssen wir dieses scheiß Gefühl verarbeiten und den Ärger am Samstag rauslassen.»

Ähnlich sieht es Abwehrchef Jonathan Tah. «Wir dürfen uns nicht durch diese eine Niederlage alles kaputt reden lassen», sagte der Nationalspieler. «Wir haben die Chance, diese Saison noch besonderer zu machen als sie ohnehin schon ist.» Und dafür braucht es eine positive Einstellung. «Es geht um das Double und die fast perfekte Saison. Das können wir noch erreichen», so Jonas Hofmann: «Wer da nicht den vollen Fokus drauflegt, dem ist nicht zu helfen.»

Den FCK erwartet ein «richtiges Brett»

Der FCK kann zum dritten Mal nach 1990 und 1996 den Pokal gewinnen, es wäre der größte Coup der Pfälzer seit dem Meistertriumph 1998 als Aufsteiger unter Otto Rehhagel. Der Fritz-Walter-Club setzt auf Eingebungen seines erfahrenen Trainers Funkel und die Stimmgewalt seiner Fans: Bis zu 50.000 – zum Teil ohne Eintrittskarten – werden in Berlin erwartet. Bayer rechnet derweil mit 30.000 Anhängern. Das Karten-Kontingent von 23.700 Tickets war bei beiden schnell vergriffen.

Für die Profis des Außenseiters, so Lauterns Kapitän Jean Zimmer, sei es – vielleicht mit wenigen Ausnahmen – ein Karriere-Highlight, das Pokalfinale in Berlin zu spielen. «Ich sehe das ganz realistisch. Wir spielen gegen eine der besten Mannschaften in Europa. Auf uns wartet ein richtiges Brett. Unsere Chancen sind eher gering. Aber wir sind unfassbar stolz. Vor drei Jahren sind wir im Verbandspokal auf einem Dorfplatz ausgeschieden und jetzt stehen wir hier im Finale.»

Von Holger Schmidt und Ulrike John, dpa
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