Bundestrainer Hansi Flick verlässt nach der Niederlage gegen Kolumbien das Spielfeld. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Thissen/dpa)

Hansi Flick richtete in der Kabine noch ein paar Worte an das derzeit nicht EM-taugliche DFB-Team, bevor die Fußball-Nationalspieler noch in der Nacht in den Urlaub entschwanden.

Zurück blieb in Gelsenkirchen ein Bundestrainer, der auch nach dem dritten Testspiel-Flop offenbar frei von Selbstzweifeln ist und nach dem 0:2 (0:0) der Nationalmannschaft gegen Kolumbien persönliche Konsequenzen ausschloss. Sein wichtigster Fürsprecher, DFB-Sportdirektor Rudi Völler, rückte die Spieler in den Fokus, indem er Richtung Heim-EM die Qualitätsfrage aufwarf.

Das sagt der Bundestrainer

In der Pressekonferenz wurde Flick gefragt, ob er persönliche Konsequenzen ausschließe. «Natürlich ist es eine Situation für mich, die ich so in dieser Form noch nicht erlebt habe. Ich gewinne Spiele sehr, sehr gerne. Und ich hasse wirklich zu verlieren», antwortete Flick: «Ich habe gesagt, ich gehe kompromisslos im Juni diesen Weg. Ich kann mit den besten Spielern Deutschlands trainieren. Ich habe ein Superteam um mich herum. Mir macht es einfach auch Spaß, eine Mannschaft auf ein Turnier vorzubereiten», sagte der 58-Jährige mit Blick auf das für den DFB so wichtige Heimturnier. Frühes WM-Scheitern, vermurkster Neubeginn mit nur einem Sieg und nun schon vier sieglosen Partien 2023 – die Nationalelf befindet sich im freien Fall. 

Flick räumte nach dem 3:3 gegen die Ukraine, dem 0:1 in Polen und der mit Pfiffen der mehr als 50.000 Zuschauer quittierten Niederlage gegen bissige Kolumbianer ein, dass sein Experimentierkurs in den drei Saisonabschluss-Partien ein Fehlschlag war. «Wenn wir es auf den Punkt bringen, ist es in die Hose gegangen. Das, was wir ausprobiert haben, hat in dieser Form nicht geklappt.» Luis Diaz vom FC Liverpool und Juan Cuadrado von Juventus Turin per Handelfmeter hatten mit ihren Toren alle Hoffnungen auf ein gutes Ergebnis zerschlagen.

Flick verabschiedete sich mit «einem Versprechen» an die Fans in eine für ihn ungemütliche Sommerpause. Man werde «im September eine andere Mannschaft sehen», sagte er. Dann heißen die Gegner Japan und Frankreich. «Wir werden versuchen, einen Stamm von 10, 12, 14 Spielern dann auch wirklich festzuzurren und zu benennen», kündigte der 58-Jährige an. Es solle dann auch klar sein, wer auf den jeweiligen Positionen die Nummer eins sei.   

Das sagt Sportdirektor Völler

Völler hatte Flick bereits vorab selbst für den Fall einer weiteren Niederlage eine Jobgarantie ausgestellt. Diese konnte der 63-Jährige nach dem nächsten Stimmungstiefpunkt nicht infrage stellen. Im RTL-Interview bezeichnete er den Bundestrainer vielmehr als «die ärmste Sau» und kritisierte stattdessen die Spieler. «Da fehlt es bei dem einen oder anderen an der Topqualität», sagte Völler. Der Sportdirektor kündigte personelle Konsequenzen im Kader an, auch wenn er keine Namen nennen wollte: «Man muss sehen, dass man die richtigen Spieler einlädt.» 

Das sagen die Spieler

Robin Gosens sprach von «einem Abstiegsstrudel», in dem das DFB-Team ein knappes Jahr vor dem EM-Eröffnungsspiel am 14. Juni 2024 in München stecke. Verbale Unterstützung für den medial hinterfragten Bundestrainer gab es aus dem Spielerkreis auch. «Wir haben absolutes Vertrauen in ihn», sagte Torwart Marc-André ter Stegen zu Flick. Benjamin Henrichs antwortete auf die Frage, ob Flick weiterhin der Richtige sei: «Ja, absolut.» 

Emre Can sagte, er sehe «überhaupt» keine Diskussion über den Bundestrainer. «Er wollte ausprobieren, was auch sein Recht ist», sagte Can, den Flick zur Überraschung aller diesmal zentral in der Dreierkette aufbot. «Es hat nicht geklappt, aber wir sollten den Trainer nicht infrage stellen», meinte der Dortmunder Can. Champions-League-Sieger Ilkay Gündogan, der weitgehend wirkungslos blieb und als Kapitän das Team auch nicht auf den ersehnten Erfolgskurs führen konnte, urteilte nach dem nächsten Tiefpunkt, sowohl sportlich als auch stimmungsmäßig: «Das ist nicht unser Maßstab.» 

Klaus Bergmann, Jan Mies und Thomas Eßer, dpa
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