Der DFB-Nachwuchs will auch nach dem EM-Finale jubeln. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marton Monus/dpa)

Voller Selbstvertrauen stimmten sich Stefan Kuntz und seine U21 auf das Finalspektakel ein.

Wie die großen U21-Generationen um Manuel Neuer im Jahr 2009 und um Serge Gnabry acht Jahre später will jetzt die Auswahl um Halbfinal-Held Florian Wirtz als Fußball-Europameister triumphieren. «Wenn wir die Entwicklung bestätigen, denke ich, dass wir insgesamt als Team stärker sind und gewinnen werden», sagte Kuntz vor der Partie gegen Portugal am Sonntag. Und Führungsspieler Ridle Baku stellte klar: «Wenn du im Finale stehst, möchtest du auch gewinnen.»

EM-Finale in Ljubljana

Mit dem Umzug des Teams aus Szekesfehervar in Ungarn in den rund 400 Kilometer entfernten Finalort Ljubljana in Slowenien stieg die Vorfreude auf die große Herausforderung gegen Portugal am Sonntag (21.00/ProSieben) weiter. «Es ist etwas ganz Besonderes für uns. Für die Nation, für uns alle», hob Stürmer Mergim Berisha die Bedeutung hervor. «Wir sind sehr gut drauf, und dass wir als Mannschaft immer zusammenhalten, entscheidet das Ganze.» Kuntz freut sich über die letzte «besondere Bühne» für seinen Jahrgang, stellte vor seinem dritten Finale aber auch klar: «Ich möchte jedes Spiel gewinnen.»

Beim 2:1 im Halbfinale gegen die Niederlande überzeugte die Kuntz-Auswahl um Doppeltorschütze Wirtz nicht nur einmal mehr durch mannschaftliche Geschlossenheit. Sondern auch durch «pure Qualität», wie Verteidiger Nico Schlotterbeck von Union Berlin mit Blick auf die Tore betonte. Doch große Qualität weist aber auch Portugal als starke U21-Nation auf. Vor sechs Jahren fertigten die Südeuropäer eine deutsche Mannschaft um Joshua Kimmich, Marc-André ter Stegen und Matthias Ginter mit 5:0 im EM-Halbfinale ab. «Das ist hier in keinem Kopf», beteuerte Mittelfeldspieler Salih Özcan.

Unterstützung von DFB-Direktor Bierhoff

Großer Mutmacher im deutschen Team, das sich auf reichlich Familien-Unterstützung auf den Zuschauerrängen freut, ist der starke Auftritt vom 2:1 gegen die Niederländer. Diese hatten die EM-Qualifikation in ihrer Gruppe punktgleich vor Portugal beendet. «Wir sind super gewappnet», sagte Baku. «Wir wollen unsere Stärken, die wir schon im Holland-Spiel gezeigt haben, auf den Platz bringen.»

Kuntz erwartet im Finale einen «sehr ausgeglichenen» Gegner, der «über sehr großes Spielverständnis» verfügt. «Das ist spielerisch eine Zockermannschaft», beschrieb es der Kölner Özcan. «Wir müssen wie gegen die Niederlande versuchen, ihnen die Lust am Spiel zu nehmen und unser Spiel zu machen.» Darauf setzt auch DFB-Direktor Oliver Bierhoff: «Holt Euch den Titel, Jungs!», forderte er.

Fünfmal stand eine U21-Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes im EM-Endspiel, es gab zwei Siege und drei Niederlagen. Jetzt ist es gar das dritte Endspiel nacheinander. Bei der 1:2-Niederlage vor zwei Jahren gegen Spanien waren Kapitän Arne Maier (Arminia Bielefeld), Ersatztorhüter Markus Schubert (Eintracht Frankfurt) und Torjäger Lukas Nmecha (RSC Anderlecht) bereits dabei. «Ich stand noch nie in einem Finale und bin extrem heiß auf das Spiel», sagte Niklas Dorsch (KAA Gent). «Wenn wir mit der gleichen Einstellung wie bisher auftreten, bin ich mir sicher, dass wir erfolgreich sein werden.»

U21 eine Turniermannschaft

Dass seine U21 drei Endspiele nacheinander erreichen würde, habe er «definitiv nicht» erwartet, gestand Kuntz. «Mein Ziel war, dass wir die Gruppenphase überstehen. Als wir die Gruppenphase überstanden hatten, ist bei mir die Zuversicht gewachsen.» Die nach dem jüngsten A-Team-Debakel mit dem Vorrunden-Aus bei der WM 2018 in Russland fast schon vergessene deutsche Tugend einer Turniermannschaft lässt die Nachwuchsauswahl wieder aufleben.

Knapp kam die Mannschaft in der Gruppenphase als Zweiter weiter, im Viertelfinale behielt sie im Elfmeter-Krimi gegen Dänemark die Nerven – und dann kam der überzeugende Holland-Auftritt. «Wir haben ein wirklich tolles Spiel gezeigt», schwärmte Kuntz.

Erfolgstrainer Kuntz

Über seinen großen Anteil am Final-Triple spricht er nicht gerne. «Der Job passt, mein Trainerteam passt, mein Staff passt», sagte der 58-Jährige. «Scheinbar bin ich im richtigen Moment am richtigen Platz.» Immer wieder hebt er die Bedeutung seiner Assistenztrainer Daniel Niedzkowski und Antonio di Salvo sowie den Verdienst von Torwarttrainer Klaus Thomforde hervor. Drei Endspiele am Stück seien «einfach nur Bestätigung von einer guten Teamarbeit», sagte Kuntz.

Nach dem angekündigten Abschied von Bundestrainer Joachim Löw durfte sich der frühere Topstürmer zwischenzeitlich sogar Hoffnung auf dessen Nachfolge machen, die nun aber Hansi Flick übernimmt. Wie sich das auf Kuntz‘ Zukunft im DFB auswirkt, bleibt abzuwarten. Sein Vertrag läuft bis 2023, das erfolgreiche Wirken des Europameisters von 1996 wird auch abseits der Verbandsebene mit großen Interesse verfolgt.

«Er schenkt jedem einzelnen Spieler das Vertrauen, ist taktisch einfach ein sehr guter Trainer, kann sehr gut motivieren und bringt ein bisschen Feuer in das Ganze rein», berichtete der Salzburger Champions-League-Torschütze Berisha. In ähnlicher Weise äußerten sich auch die Finalisten der Vorjahre über ihren Erfolgscoach, der sich schon auf eine kleine Zigarre nach dem Finale freut. Als Europameister?

Von Christian Kunz und Miriam Schmidt, dpa
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