DFB-Kapitän Manuel Neuer mit der «One Love»-Kapitänsbinde. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christian Charisius/dpa)

Die «One Love»-Kapitänsbinde der europäischen Kapitäne um Manuel Neuer hat am zweiten WM-Tag zum großen Zerwürfnis mit dem Weltverband FIFA geführt.

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur setzte die FIFA die an der Kampagne für Menschenrechte und Vielfalt beteiligten UEFA-Teilnehmer stark unter Druck – und drohte mit sportlichen Sanktionen. Der Deutsche Fußball-Bund und die weiteren Verbände verzichten in Katar deshalb nun doch auf das symbolträchtige Stückchen Stoff.

«Wir erleben einen beispiellosen Vorgang in der WM-Geschichte. Die von der FIFA herbeigeführte Konfrontation werden wir nicht auf dem Rücken von Manuel Neuer austragen», sagte DFB-Präsident Bernd Neuendorf am Montag. Weiter teilte der Verband mit, Geldstrafen wären in Kauf genommen worden. «Wir können unsere Spieler jedoch nicht in die Situation bringen, dass sie verwarnt oder gar gezwungen werden, das Spielfeld zu verlassen.» Der DFB sei «sehr frustriert über die FIFA-Entscheidung».

Scharfe Kritik

Der Entscheidung gingen intensive Beratungen der UEFA-Arbeitsgruppe mit der FIFA voraus. Sportliche Sanktionen wie eine Gelbe Karte sind durch die FIFA-Statuten nicht eindeutig gedeckt. Die Fan-Organisation «Football Supporters Europe» kritisierte den Vorgang scharf. «Heute empfinden wir Verachtung für eine Organisation, die ihre wahren Werte unter Beweis gestellt hat, indem sie den Spielern die Gelbe Karte und der Toleranz die Rote Karte gezeigt hat», twitter «FSE».

Der erste Kapitän, der während der Endrunde offen gegen die FIFA-Vorgaben verstoßen hätte, wäre Englands Harry Kane im Spiel gegen Iran gewesen. «Wir waren bereit gewesen, Strafen zu zahlen, was normalerweise bei Verstößen gegen Kleider-Regularien der Fall wäre. Dennoch konnten wir unsere Spieler nicht in eine Situation bringen, in der sie eine Gelbe Karte bekommen könnten oder gar gezwungen werden, das Spielfeld zu verlassen», hieß es in der von der englischen FA verbreiteten gemeinsamen Stellungnahme.

Die FIFA begründete das Verbot mit den von allen Teilnehmern anerkannten WM-Regularien. Explizit hob der Verband in einer Mitteilung vom Montag den Artikel 13.8.1 der Ausrüstungsregeln hervor: «Für FIFA Final-Wettbewerbe muss der Kapitän jeder Mannschaft eine von der FIFA gestellte Armbinde tragen.» Die FIFA unterstütze Kampagnen wie «One Love», aber dies müsse im Rahmen der allen bekannten Regeln erfolgen.

Verbände ändern ihre Meinung

Nach dpa-Informationen steht auch der Regelparagraf für (verbotene) politische Botschaften im Fokus. «Bei einem Verstoß gegen diese Bestimmung wird der Spieler und/oder das Team durch den Wettbewerbsorganisator, den nationalen Fußballverband oder die FIFA sanktioniert», heißt es in den internationalen Regeln. Inwieweit der streng muslimische WM-Gastgeber Kater in die Entscheidung involviert war, blieb offen.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatte zuvor von Meinungsverschiedenheiten mit der FIFA gesprochen, aber noch geäußert: «Wir haben gesagt, wir bleiben dabei, dass wir mit der Binde auflaufen. (…) Wir haben mit langem Vorlauf die FIFA immer wieder darauf hingewiesen, dass wir mit dieser Binde auflaufen wollen, es gab keine Reaktion der FIFA dazu.» Nach Beratungen am Montag änderten die Verbände ihre Meinung.

Die Kampagne war eine im September angekündigte gemeinsame Aktion der Teams aus Deutschland, England, den Niederlanden, Belgien, Schweiz, Wales, Frankreich, Dänemark sowie Norwegen und Schweden, die beide nicht für die WM qualifiziert sind. Die beteiligten Verbände hatten mehrfach erklärt, dass sie keine Antwort der FIFA auf ihren Plan erhalten hätten. Frankreichs Kapitän Hugo Lloris hatte frühzeitig angekündigt, die Binde nicht zu tragen.

Die FIFA hatte erst am Freitag eigene neue Kapitänsbinden vorgestellt – zwei Tage vor dem Eröffnungsspiel. «Die teilnehmenden Mannschaften erhalten während der Spiele über die Armbinden der Mannschaftskapitäne die Möglichkeit, Botschaften zu übermitteln», teilte der Weltverband mit. Eine Binde mit der Aufschrift «No Discrimination» (Keine Diskriminierung) können die Teams nun auch während des kompletten Turniers anstatt, wie zuvor geplant, nur im Viertelfinale tragen. Die Botschaften hat die FIFA laut Mitteilung gemeinsam mit drei Organisationen der Vereinten Nationen erdacht.

Jan Mies und Tom Bachmann, dpa
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