Argentiniens Nicolas Otamendi (l-r), Giovani Lo Celso und Emiliano Martinez verlassen das Spielfeld. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andre Penner/PA Wire/dpa)

Neymar schaute ungläubig, Lionel Messi schien die Welt nicht mehr zu verstehen: In einer Hauruck-Aktion hat Brasiliens Gesundheitsbehörde Anvisa das WM-Qualifikationsspiel zwischen Brasilien und Argentinien wegen Verstößen gegen Corona-Bestimmungen abgebrochen.

Bilder von dem beispiellosen Vorfall am Sonntag, bei dem mehrere Spieler der argentinischen Nationalmannschaft wenige Minuten nach Anpfiff vom Feld geholt wurden, gingen um die Welt. Der Brasilianische Fußballverband CBF äußerte sich «absolut überrascht» über den Zeitpunkt der Maßnahme. Aus seiner Sicht hätte die Anvisa viel angemessener handeln können – und das schon in den Tagen vor dem Spiel. Der Argentinische Fußballverband AFA teilte mit, die Delegation der Albiceleste habe sich seit dem 3. September um 8 Uhr morgens in Brasilien aufgehalten und alle vom südamerikanischen Fußball-Verband Conmebol vorgeschriebenen Gesundheitsprotokolle eingehalten.

Sechs Minuten nach dem Anpfiff der Partie in São Paulo waren Mitarbeiter der Gesundheitsbehörde auf den Platz gegangen und hatten die für englische Clubs spielenden Argentinier Emiliano Martínez, Cristian Romero und Giovanni Lo Celso vom Feld geholt. Danach verließen auch die anderen argentinischen Spieler den Platz, während die Brasilianer blieben – sie legten später ersatzweise eine Trainingseinheit ein. Vor dem Stadion wartete die Bundespolizei, um Argentiniens Mannschaft zu begleiten. Der Bus mit dem Team fuhr erst nach Stunden ab.

«Spiel, das nicht stattgefunden hat»

«Das Datum ist in die Geschichte eingegangen: 5. September 2021, Brasilien-Argentinien», schrieb das brasilianische Portal «Globoesporte». «Das Spiel, das nicht stattgefunden hat.»

Nach dem Vorfall wurde die Partie abgebrochen. «Auf Beschluss des Schiedsrichters», wie die Conmebol auf Twitter mitteilte. Der Fußball-Weltverband FIFA kündigte eine detaillierte Stellungnahme an. Informationen über einen Nachholtermin für das Spiel oder etwaigen Punktverlust für eine der Mannschaften gab es zunächst nicht.

Wenige Stunden vor dem Spiel hatte die Anvisa Quarantäne für die vier argentinischen Nationalspieler Martínez und Emiliano Buendía (beide Aston Villa) sowie Lo Celso und Romero (beide Tottenham Hotspur) angeordnet. Buendía fehlte im Aufgebot, Martínez, Romero und Lo Celso standen in der Startelf.

Spieler trainierten trotz Quarantäne-Auflage

Die Anvisa rechtfertigte ihr Vorgehen mit Verweis auf die brasilianischen Gesetze. Man habe erfolglos versucht, den vier betroffenen Nationalspielern nach einem Treffen mit Vertretern des brasilianischen Gesundheitsministeriums, der Conmebol, der CBF und der Delegation Argentiniens am Samstag eine Quarantäne aufzuerlegen. Trotzdem hätten die Spieler am Training am Samstagabend teilgenommen.

Am Sonntag habe man dann die Bundespolizei informiert und bis zum Spielbeginn versucht, die inzwischen angeordnete Quarantäne durchzusetzen, die vier Spieler von der Mannschaft zu trennen und zum Flughafen zu bringen.

Martínez, Buendía, Romero und Lo Celso konnten dem Sender «TyC Sports» zufolge am Sonntagabend mit der Nationalmannschaft nach Argentinien zurückfliegen, allerdings als Abgeschobene. Auf der Twitter-Seite des Nationalteams wurde ein Foto aus einem Flugzeug gepostet, begleitet von den Worten: «Wir fahren nach Hause.»

Argentinien flog England-Profis ein

«Was heute passiert ist, ist bedauerlich für den Fußball», schrieb der argentinische Verbandspräsident Claudio Tapia auf Twitter. «Wir wollten das Spiel spielen, die brasilianischen Fußballer auch. Es hätte ein Fest für alle sein sollen, um die besten Spieler der Welt zu genießen», sagte Argentiniens Auswahltrainer Lionel Scaloni, der das Team zur Copa America geführt hatte.

Die englischen Premier-League-Clubs hatten sich geweigert, Spieler für Begegnungen in Ländern abzustellen, die auf der sogenannten Roten Corona-Liste der britischen Regierung stehen, viele davon in Südamerika und Afrika. Brasilien musste deswegen auf neun Profis von der Insel verzichten. Dagegen flog Argentinien sein Quartett aus England zur WM-Quali ein – und ging davon aus, in allen drei WM-Qualifikationsspielen auf sie bauen zu können.

Bei der Einreise aus Caracas nach dem ersten Quali-Spiel gegen Venezuela gaben die England-Profis laut der Anvisa nicht an, dass sie in den vergangenen 14 Tagen im Vereinigten Königreich, Nordirland, Südafrika oder Indien gewesen sind. Ausländische Reisende, die in diesem Zeitraum dort waren, dürfen wegen der Corona-Beschränkungen nicht nach Brasilien einreisen.

«Die Anvisa hält die Situation für ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko und hat daher den örtlichen Gesundheitsbehörden geraten, die sofortige Quarantäne der Spieler anzuordnen, denen die Teilnahme an jeglichen Aktivitäten untersagt ist», hieß es in einer Mitteilung der Behörde. Zudem sollten die Spieler nicht weiter auf brasilianischem Gebiet bleiben dürfen.

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