Will mit Leverkusen ins Europa-League-Halbfinale: Bayer-Coach Xabi Alonso. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Wenn Xabi Alonso spricht, wirkt er zuweilen wie der große Pep Guardiola. Es sind Kleinigkeiten, wie die Formulierung des «super, super», wenn er über Spieler oder Clubs spricht.

Wie bei Guardiola klingt in jedem Wort des Trainers von Bayer Leverkusen die Liebe zu Fußball und Taktik durch. Beide kennen und schätzen sich seit Jahren, erst recht seit der gemeinsamen Zeit beim FC Bayern, als Alonso noch Guardiolas Spieler war. 

Und sollte Guardiola mit Manchester City nach dem 3:0 im Hinspiel der Champions League tatsächlich den FC Bayern ausschalten, würde er eine Steilvorlage dafür liefern, dass Alonso mit Bayer in der Europa League die letzte Europapokal-Hoffnung der Bundesliga ist. So, wie sich sowohl der Trainer als auch seine Mannschaft unter ihm entwickelt haben, erscheint der Titel im zweitgrößten Europacup keine Utopie. Im Viertelfinal-Hinspiel am Donnerstag (21.00 Uhr/RTL) gegen Union-Berlin-Schreck Union Saint-Gilloise – «eine top, top Mannschaft» – ist Bayer jedenfalls Favorit. 

Beeindruckende Serie

Die jüngsten sieben Pflichtspiele haben die Leverkusener alle gewonnen. In der Liga sprangen sie unter Alonso vom 17. auf den sechsten Platz. Und die Spieler schwärmen von ihrem Coach. «Chapeau, er macht richtig gute Arbeit», sagte Kapitän Lukas Hradecky. Und Exequiel Palacios, einziger aktueller Weltmeister der Liga, schwärmte fast ehrfürchtig: «Von Xabi Alonso lerne ich jeden Tag.» Umgekehrt fühlt sich auch der Baske nach rund einem halben Jahr im Rheinland «sehr wohl und zufrieden». Auch die Bundesliga sei «super für mich», sagte Alonso: «Ich genieße jedes Spiel.»

Dass Alonso 2014 zum FC Bayern nach Deutschland kam, hatte viel mit der Bewunderung für Guardiola zu tun. «Pep ist seiner Zeit voraus», schwärmte er damals. Heute sagt er: «Er ist einen Einfluss für jeden Trainer. Ich bin froh, dass ich mit ihm arbeiten durfte.» Guardiola erklärte umgekehrt damals: «Ich wette, dass er Trainer sein wird, wo immer er auch will. Und er wird gut sein.» Und José Mourinho, der Alonso bei Real Madrid trainierte, stellte damals fest: «Er erinnert mich an Pep Guardiola. Er wirkt schon auf dem Feld wie ein Trainer.“ Kein Zufall daher, dass sowohl Mourinho als auch Guardiola und der FC Bayern München schon versuchten, Alonso als Co-Trainer zu verpflichten.

Doch er wollte seinen Weg als Cheftrainer von der Pike auf lernen und machte in der U14 von Real und die 2. Mannschaft von San Sebastian erste Schritte. Der vielleicht augenscheinlichste Unterschied zu Guardiola: Während dieser das Spektakel und taktische Manöver liebt, ist Alonso komplett Pragmatiker. Er ist uneitel genug, Mittelfeldspieler Robert Andrich als zentralen Abwehrmann zu nominieren und dies «Libero» zu nennen. «Man muss nicht spektakulär spielen. Das müssen wir akzeptieren», bläute er seinen Spielern immer wieder ein. Und genau dieses Verständnis sorgt dafür, dass die vorher ständig auf der Suche nach Balance befindliche Mannschaft, nun komplett stabil ist. 

«Müssen unseren Kopf kontrollieren»

«Wenn wir zu emotional sind, ist es nicht gut», sagte Alonso: «Wir müssen unseren Kopf kontrollieren.» Die «emotionale Kontrolle» ist sein Lieblings-Begriff, der fast in jeder Pressekonferenz fällt. Dass dies nicht zwangsläufig auf Kosten der Offensive geht, zeigt die Tatsache, dass kein Bayer-Trainer eine bessere Tor-Quote hatte als Alonso. Und das, obwohl Top-Torjäger Patrik Schick fast dauerhaft fehlt.

Aber der 41-Jährige verlässt sich nicht auf seinen Ruf und sein Potenzial. Er ist bienenfleißig. Auf die Frage, wie viele Nachtschichten er zuletzt gemacht hat, sagte er lächelnd: «Zu viele.» Doch Alonso beklagt sich nie. Nicht über Arbeit, nicht über Verletzte. Und er findet auch sonst aktuell immer den richtigen Mittelweg. Er ist akribisch, aber nicht pedantisch. Extrem ehrgeizig, aber nicht verbissen. Selbstbewusst, aber nie arrogant. Nahbar, aber kein Kumpeltyp. Kurzum: Schon jetzt ein starker Trainer mit großer Perspektive.

Die möglichen Aufstellungen:

Bayer Leverkusen: Hradecky – Kossounou, Tah, Tapsoba – Frimpong, Andrich, Palacios, Hincapié – Diaby, Wirtz, Adli

Saint-Gilloise: Moris – Kandouss, Burgess, van der Heyden – Nieuwkoop, Lazare Amani, Lynen, Teuma, Lapoussin – Adingra, Boniface

Schiedsrichter: Ivan Kruzliak (Slowakei)

Holger Schmidt, dpa
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