Offen für Änderungen beim Videobeweis: Jochen Drees, DFB-Innovations-Leiter. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arne Dedert/dpa)

Zum fünften Jahrestag des Videobeweises in der Fußball-Bundesliga steht das technische Werkzeug der Schiedsrichter wieder einmal im Fokus.

Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur nimmt der Ex-Bundesliga-Schiedsrichter und DFB-Innovationsleiter Jochen Drees zu einigen Themen rund um den Video Assistant Referee (VAR) Stellung.

Jochen Drees über die Entwicklung des Videobeweises:

«Für viele ist es immer noch ein schwieriges Thema, weil es in der öffentlichen Wahrnehmung sehr belastet ist. Oft habe ich auch den Eindruck, dass die negativen Entscheidungen häufiger hervorgehoben werden, als die vielen positiven, wenn zum Beispiel wie am letzten Spieltag der Sieg von Augsburg in Leverkusen oder der Ausgleichstreffer von Schalke gegen Mönchengladbach durch eine Entscheidung des Videoassistenten ermöglicht wird.»

… den Frust der Fans im Stadion:

«Die richtige Entscheidung ist mir wichtiger, als dass das Spiel schnell weitergeht. Aber ich bin da natürlich auch befangen. 70 Sekunden bei der Überprüfung kommen mir als Videoschiedsrichter nicht lange vor. Wenn ich im Stadion bin, fühlt sich das anders an. Aus Fan-Sicht kann ich den Ärger teils verstehen, da der Stadionzuschauer bei den Überprüfungsprozessen nicht mitgenommen wird und keine Bilder der Situation im Stadion zu sehen sind. Allerdings kommen wir in Deutschland auf Zeiten, die sich sehen lassen können. Wenn man die mit anderen Ländern vergleicht, dann sind wir unter den führenden Nationen. Es gibt kaum andere Länder, die das schneller hinbekommen.»

… die positiven Aspekte:

«Es gibt keine faktischen Abseitstore mehr. Natürlich sind da noch Einzelsituationen, die einen Interpretationsspielraum in der Frage der Beeinflussung eines Gegenspielers lassen und in denen dann durch eine menschliche Bewertung Fehler passieren. Oft sind es auch Entscheidungen, bei denen wir aus fachlicher Sicht diese als korrekt einordnen aber Spieler und Trainer nichtsdestotrotz ein strafbares Abseits interpretieren. Es gibt mittlerweile so gut wie keine Schwalben mehr, die zu Strafstößen führen. Spieler sind zudem abgeschreckter vor Tätlichkeiten. Sie wissen, dass sie damit nicht mehr durchkommen. Der Videoassistent macht den Sport dadurch sauberer.»

… Gründe für die längere Dauer der Überprüfung:

«Ein Aspekt ist bestimmt auch eine weiter gestiegene Sorgfalt der Videoassistenten und Schiedsrichter. Wenn die Schiedsrichter am Monitor stehen, dann möchten sie auch ein vollständiges Bild der jeweiligen Situation bekommen, um eine korrekte Entscheidung treffen zu können. Das ist einer der Gründe. Andererseits hat die technische Entwicklung des Systems zugenommen. Uns stehen mittlerweile mehr Kameras zur Verfügung, die ausgewertet werden müssen. Auch die Abseitslinie gab es am Anfang noch nicht – und das Justieren der Linie dauert manchmal einfach etwas länger.»

… über Änderungen des Videobeweises:

«Wenn sich die halbautomatisierte Abseits-Technologie etablieren sollte, die bei der Weltmeisterschaft in Katar eingesetzt wird, dann müssen wir auch in Deutschland über die Einführung dieser Technologie nachdenken. Bei den von der FIFA veröffentlichten Zahlen, kann man den Abseits-Check von circa 70 auf 20 Sekunden verringern. Das würde auch die Arbeit der Videoassistenten erleichtern. Allerdings wird dies dann aber nicht bei Ermessensentscheidungen wie Strafstößen und Roten Karten helfen.»

Von Felix Schröder, dpa
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