Belgiens Sieggarant gegen Dänemark: Kevin De Bruyne. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Martin Meissner/AP Pool/dpa)

Vielleicht hat sich Pep Guardiola während des EM-Spiels zwischen Dänemark und Belgien gedacht: Was wäre wenn?

Was wäre noch möglich gewesen, wenn sich Kevin de Bruyne beim verlorenen Champions-League-Endspiel gegen den FC Chelsea (0:1) nicht schon nach einer Stunde die Augenhöhle und das Nasenbein gebrochen hätte? Denn welchen Einfluss der belgische Star des Guardiola-Clubs Manchester City in nur kurzer Zeit auf ein bedeutendes und emotional aufgeladenes Fußballspiel nehmen kann, zeigte er am Donnerstagabend im Parken-Stadion von Kopenhagen eindrucksvoll.

Mit 0:1 lagen seine Belgier gegen die wie aufgedreht spielenden Dänen zurück, als de Bruyne zum ersten Mal seit seiner schweren Verletzung am 29. Mai wieder eingewechselt wurde. 25 Minuten später stand es dann 2:1 für die Nummer eins der FIFA-Weltrangliste – und Belgien schließlich vorzeitig im Achtelfinale. Der 29-Jährige hatte das 1:1 durch Thorgan Hazard (55.) mit einem Querpass vorbereitet und das Siegtor in der 71. Minute selbst erzielt. Der frühere Wolfsburger hob sogar ein Klasseteam mit Spielern wie Romelu Lukaku (Inter Mailand) und Thibaut Courtois (Real Madrid) noch einmal auf ein anderes Niveau.

Doch so spektakulär seine Dynamik und seine Schusstechnik in solchen Spielen mitunter anzuschauen sind: Mit dem Fußballer de Bruyne hält der Redner de Bruyne einfach nicht mit. «Ich bin froh, dass ich meinen Job gemacht habe», sagte er dem belgischen Sender RTBF lapidar. Warum es erst seines Comebacks bedurft habe und warum die erste Halbzeit nach dem frühen Gegentor durch Yussuf Poulsen (2. Minute) so enttäuschend verlaufen sei, wurde er auch noch gefragt. De Bruynes Antwort: «Wir wussten, dass es ein schwieriges Spiel werden wird. Die dänischen Fans haben ihr Team sehr gut unterstützt. Aber in einem Turnier wie diesem hat man solche schwierigen Momente. Die Mannschaft hat darauf eine gute Antwort gegeben.»

Vor knapp drei Wochen hatten noch ganz andere Bilder des belgischen Stars Millionen Fußball-Fans in ganz Europa gerührt. Während des Champions-League-Finales musste de Bruyne nach einem Foul des deutschen Nationalspielers Antonio Rüdiger ausgewechselt werden. Zunächst setzte er sich noch verzweifelt auf die Tribüne am Spielfeldrand. Doch dann wurden die Schmerzen im Gesicht zu groß.

Hjulmand: «Beste Mannschaft der Welt»

Diese Europameisterschaft bietet ihm nicht einmal einen Monat später eine neue Chance auf einen bedeutenden Erfolg. Spätestens seit ihrem dritten Platz bei der Weltmeisterschaft 2018 traut man den Belgiern den kontinentalen Titel zu. Dänemarks Trainer Kasper Hjulmand bezeichnete sie sogar als «beste Mannschaft der Welt». Er nutzte dieses Lob aber auch, um die Leistung der eigenen, von dem Zusammenbruch ihres besten Spielers Christian Eriksen noch immer gezeichneten Mannschaft aufzuwerten.

Denn was die belgische Mannschaft von der französischen, spanischen oder englischen unterscheidet, machte ihr Trainer Roberto Martinez in den beiden Tagen in Kopenhagen noch einmal deutlich. «Belgien hat nur elf Millionen Einwohner», sagte der Spanier. «Wir können uns nicht erlauben, auch nur ein Talent zu verlieren. Wir müssen bei uns eine Atmosphäre wie in einem Clubteam schaffen.»

Das bedeutet: Während seine Kollegen in Frankreich oder Spanien vor der Benennung ihres EM-Kaders die Auswahl zwischen 40 bis 50 Topspielern haben, hat Martinez neben Stars wie Lukaku oder de Bruyne auch immer noch Veteranen wie den 35-jährigen Thomas Vermaelen dabei, der seine Karriere seit 2019 in Japan ausklingen lässt. Sollte Belgien also tatsächlich Europameister werden wollen, darf sich kein prominenter Spieler mehr verletzen oder eine Schwächephase erlauben.

Genauso wichtig wie der Sieg war es für den Trainer deshalb auch, dass mit de Bruyne und Axel Witsel gleich zwei Führungsspieler nach ihren Verletzungspausen wieder zurückkehrten. Der Dortmunder Witsel fiel nach einem Achillessehnenriss im Januar sogar fünf Monate aus. «Meine Mannschaft hat eine starke Persönlichkeit», sagte Martinez. «Axel Witsel und Kevin de Bruyne sind sehr gute Beispiele dafür.»

Von Sebastian Stiekel, dpa
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