Wurde mit der deutschen U21 Europameister: Vitaly Janelt (r) in Aktion. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marton Monus/dpa)

Vitaly Janelt ist ein Bewegungstalent. Aber alles kann er nicht. «Mein Aufschlag funktioniert nicht», hadert der U21-Fußball-Europameister und Profi der englischen Premier League.

«Irgendwo muss ich gegen dich ja gewinnen», erwidert sein fünf Jahre älterer Bruder Vincent, der zumindest im Tennis die Nase vorn hat. Im Fußball jedoch machen seine Brüder Vincent, Victor und Vitus ihm, dem Jüngsten, nichts vor. Dabei hatte zuerst Vincent dem Janelt-Clan alle Ehre gemacht, als er vor vier Jahren mit dem schleswig-holsteinischen Oberligisten SV Eichede in der ersten DFB-Pokalrunde stand. Gegen den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern gab es jedoch ein 0:4.

Freude auf Chelsea, Liverpool und Co.

Größter Stolz der Familie ist Vitaly Janelt. Gerade hat der 23-Jährige aus dem schleswig-holsteinischen 3000-Einwohner-Dorf Bargfeld-Stegen ein traumhaftes Jahr hinter sich: Aufstieg mit dem Londoner Zweitligisten FC Brentford in die Premier League und EM-Titelgewinn mit dem deutschen U21-Team. «Den Aufstieg mit Brentford bewerte ich sogar ein bisschen höher. Die Saison habe ich fast komplett gespielt, in der U21 nur hin und wieder», sagt der defensive Mittelfeldakteur und freut sich diebisch: «Jetzt spiele ich gegen Chelsea, Liverpool, City und all die anderen.»

Im Oktober 2020 war er aufgebrochen in den Westen Londons. Mit dem VfL Bochum hatte er zuvor 53 Zweitliga-Spiele in dreieinhalb Jahren absolviert. «Eigentlich wollte ich verlängern, ging aber nicht», berichtet Janelt, der fünf Trainer beim VfL erlebte. Der erste hatte ihn unbedingt gewollt, die anderen hatten ihn akzeptiert. «Wo eine Tür zuschlägt, öffnet sich eine andere», meint Janelt lakonisch.

«Der Trainer muss Bock auf dich haben»

In London stand sie sperrangelweit auf. Für einen 22-Jährigen ein mutiger Schritt. «Ein bisschen Bammel hatte ich schon. Aber seit der U17 war ich im Internat und von zu Hause weg», erläutert er. Kaum war der einstige Jugendkicker des Hamburger SV und von RB Leipzig in Brentford, wurde er Stammspieler. Nur in zwei Partien fehlte er. «Du musst brennen. Und der Trainer muss Bock auf dich haben», verrät er.

Wegen Corona-Auflagen und des eng getakteten Programms in der Championship mit 46 Spieltagen, dazu Playoffs, FA- und EFL-Cup war Janelt ein Dreivierteljahr nicht zu Hause. Auch Weihnachten nicht. «Uns hat das mehr wehgetan als ihm», gesteht Vater Timo. Mutter Maike, frühere Eishockey-Bundesligaspielerin und jetzige Trainerin, erzählt: «Wir sagen ihm immer: Wink uns doch mal im TV. Das macht er aber nicht.» Ihr Filius spielte nahezu alle drei Tage, während die Familie ihn auf allen möglichen TV- und Internetkanälen verfolgte. «Ich liebe diesen Rhythmus. Du hast keine Zeit zum Nachdenken», sagt Vitaly. «Und ich liebe den englischen Fußball. Die Premier League war immer mein Traum. Das ist die attraktivste Liga weltweit.»

Seit Januar kann er wieder deutsch reden. Seine Freundin Ines ist zu ihm gezogen, hat sich mit einigen Partnerinnen von Janelts Mitspielern angefreundet, vor allem Däninnen. Weil Sportdirektor Rasmus Ankersen und Trainer Thomas Frank Dänen sind, haben sie gleich mehrere Profis aus ihrem Heimatland geholt. Zwar ist Janelts Lieblingsverein seit Kindertagen Manchester United, «aber bei Brentford fühle ich mich wohl», sagt er. Sein Vertrag läuft bis 2024.

Unterschiede zur 2. Bundesliga hat der zehnmalige U21-Nationalspieler natürlich ausgemacht: «In Deutschland versuchen die Teams zu spielen. In Englands 2. Liga stehen Kampf und zweite Welle im Vordergrund.» Über Bochums Aufstieg freut sich der Ex-VfLer. «Perfekt», sagt er und hebt den Daumen. Eine Rückkehr zum HSV, wo er als Jugendlicher war, sieht er derzeit nicht. In England stimmt zudem die Kasse. «Geld ist schön, aber in meinem Alter nicht das Wichtigste», versichert er. «Ich kaufe mir nichts Unnötiges, gebe lieber im Urlaub einen Euro mehr aus.» Den verlebt er mit seiner Freundin gerade in der Türkei. «Danach kann es aber wieder losgehen», sagt er und zuckt mit dem Fuß.

Von Franko Koitzsch, dpa
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