Noch lange nach Spielende genossen die Österreicher den Einzug ins EM-Achtelfinale. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marko Djurica/Reuters Pool/AP/dpa)

«So sehen Sieger aus!» In Badeschlappen feierten die neuen österreichischen Fußball-Helden mit ihren Fans den historischen Einzug ins EM-Achtelfinale.

Selbst mehr als 20 Minuten nach dem Schlusspfiff beim 1:0 (1:0)-Erfolg gegen die Ukraine stimmten die Anhänger des Teams um «Goldtorschütze» Christoph Baumgartner und Kapitän David Alaba immer wieder «Humba»-Gesänge an.

«Wir sind extrem happy, dass wir das geschafft haben. Das war unser großes Ziel. Deswegen sind wir überglücklich», schwärmte der starke Alaba am Montagabend in Bukarest. In der ersten K.o.-Runde fordert der Außenseiter nun am Samstag im Londoner Wembley-Stadion Italien heraus. «Wir sind hier, um zu träumen. Ich glaube, im Fußball ist alles möglich», sagte Alaba zum Duell mit dem Turnier-Überflieger.

«Ein historischer Sieg»

Der langjährige Bayern-Profi bereitete per Ecke den Siegtreffer von Baumgartner (21. Minute) vor, beide sorgten genau 43 Jahre nach der deutschen Schmach von Cordoba für einen neuen rot-weiß-roten Fußball-Feiertag. «Wir wollten Geschichte schreiben», sagte Foda. «Das haben wir erreicht – ein historischer Sieg heute. Wir haben Geschichte geschrieben.» Ebenfalls am 21. Juni hatte die ÖFB-Auswahl bei der WM 1978 mit dem 3:2 über Deutschland und dem legendären Doppelpacker Hans Krankl einen ihrer bisher größten Erfolge errungen.

Wie groß der Druck auf das österreichische Team gewesen war, ließ sich nach dem Spiel auch an der Reaktion des deutschen Trainers ablesen. Völlig begeistert warf der gebürtige Mainzer Handküsse ins Publikum, machte immer wieder die Welle und jubelte erlöst in die Kamera. Die Ukraine muss hingegen zittern, um mit drei Punkten zumindest als einer der besten vier Gruppendritten weiterzukommen.

Matchwinner Baumgartner

Der österreichische Siegtorschütze konnte nur gebremst feiern. «Ich kann es noch nicht realisieren. Mir tut der Schädel richtig weh», sagte der Hoffenheimer Baumgartner, der gut zehn Minuten nach seinem entscheidenden Tor infolge eines Zusammenpralls raus musste. «Ich freue mich für ganz Österreich, jeder Österreicher hat das genossen. Wir haben eine ganz schwierige Zeit hinter uns mit dem ganzen Corona-Dreck – genießt das alles zusammen!» Die «Kronen Zeitung» feierte Baumgartner bereits mit Abpfiff als neuen «Goldtorschützen».

Auf den Rängen gaben wie schon tagsüber in der Bukarester Altstadt die ukrainischen Fans klar den Ton an. Auf dem Platz hingegen ergriffen von Beginn an die Österreicher die Initiative. Bereits in den ersten 20 Minuten erarbeiteten sie sich mehrere Halbchancen, mit ihrer fünften Ecke gingen sie dann in Führung. Eine der vielen guten Hereingaben von Alaba, den Coach Foda diesmal vom Abwehrzentrum auf die linke Seite beordert hatte, drückte Baumgartner mit dem rechten Fuß aus kurzer Distanz ins Netz. Mit 21 Jahren und 324 Tagen ist er nun jüngster österreichischer EM-Torschütze.

Defensiv agierende Ukrainer

Die Ukrainer, denen ein Remis zum zweiten Gruppenplatz gereicht hätte, agierten insgesamt zu defensiv. Nach einem verdeckten Schuss von Nikolaj Schaparenko, den Österreichs Keeper Daniel Bachmann parierte, verpasste der frühere Dortmunder Andrej Jarmolenko den Abpraller knapp (29.). Dieser Vorstoß der Osteuropäer blieb aber eine Ausnahme. Die Österreicher, bei denen Florian Grillitsch (Hoffenheim) erstmals in diesem Turnier von Anfang an und im zentralen Mittelfeld spielte, kontrollierten die Partie. «Wir wollen mit David über die linke Seite Druck nach vorne erzeugen und mit Grillo einen Taktgeber im Zentrum haben, der das Spiel gestalten soll», hatte Foda seine Umstellungen vorab erläutert – und sein Plan ging auf.

Auch die Auswechslung von Baumgartner, der kurz vor seinem Tor mit Gegenspieler Ilja Sabarny zusammengeprallt war und nach 33 Minuten durch den Schalker Alessandro Schöpf ersetzt werden musste, schien die Österreicher nicht aus dem Tritt zu bringen. Stattdessen hätten sie noch vor der Pause durch auf 2:0 erhöhen können. Leipzigs Konrad Laimer (37.) und Stürmerstar Marko Arnautovic (42.), der nach abgesessener Sperre wieder dabei war, ließen aber gute Chancen aus.

Die zweite Hälfte gingen die Ukrainer offensiver an, zwingender wurden sie aber nicht. Für ihre beste Chance sorgte ein Österreicher: Stefan Lainer köpfte den Ball bei einem Klärungsversuch auf das eigene Tor, Bachmann wehrte ab (62.). Schon vor dem Abpfiff feierten die Fans aus der Alpenrepublik den historischen Erfolg lautstark.

Von Florian Lütticke und Christoph Lother, dpa
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