Unions Trainer Nenad Bjelica (r) attackierte Bayern-Star Leroy Sané (l). (Urheber/Quelle/Verbreiter: Matthias Koch/dpa)

Nenad Bjelica ist nicht mal 24 Stunden nach seinem Ausraster für drei Spiele gesperrt worden, doch ob dem 52 Jahre alten Trainer des 1. FC Union Berlin noch weitere Konsequenzen drohen, ist offen. Nach seinem zweimaligen Griff ins Gesicht von Leroy Sané im Nachholspiel der Eisernen beim FC Bayern München scheint Bjelica noch glimpflich davon gekommen zu sein. Er und der Club akzeptierten die Sperre sowie die Geldstrafe von 25.000 Euro für den Trainer, der erst seit zwei Monaten im Amt ist und für sein Verhalten auch aus den eigenen Spieler-Reihen öffentlich kritisiert worden war. 

«Emotionen sind okay, und die sollten auch ausgelebt werden auf dem Platz. Wenn es dahingeht, dass es körperlich wird, geht es vom Spieler nicht und auch vom Trainer nicht», sagte Unions Nationalspieler Robin Gosens. «Wir sind gerade sowieso schon in einer Phase, wo wir jeden Support brauchen, wo wir unsere Trainer an der Seitenlinie brauchen, der uns motiviert, coacht und da ist.»

Ohne Chefcoach in zwei Kellerduelle

Stattdessen darf Bjelica bei den kommenden drei Partien der Unioner nicht den Innenraum der jeweiligen Stadien betreten. Das betrifft die Spiele am Sonntag daheim gegen den Tabellenletzten SV Darmstadt 98, am Wochenende darauf bei RB Leipzig und am 7. Februar im nächsten Duell mit einem Abstiegskonkurrenten beim FSV Mainz 05. Damit sei es Bjelica nicht gestattet, «während eines Spiels seines Teams im Stadioninnenraum zu sein», wie der DFB in seiner Mitteilung zum Strafmaß erklärte. «Das Innenraumverbot beginnt jeweils eine halbe Stunde vor Spielbeginn und endet eine halbe Stunde nach Abpfiff.» 

Bjelica darf sich in dieser Zeit weder im Innenraum noch in den Umkleidekabinen, im Spielertunnel oder im Kabinengang aufhalten. Im gesamten Zeitraum darf er mit der Mannschaft weder unmittelbar noch mittelbar in Kontakt treten.

Unions Pressekonferenz am Freitag

Das wird sein Assistententeam übernehmen müssen. Wie die genauen Zuständigkeiten sein werden und wer welche Verantwortung in den möglicherweise wegweisenden Partien übernehmen wird, ist noch nicht bekannt. Die Pressekonferenz zu der Partie ist an diesem Freitag in Berlin-Köpenick. 

Gosens kennt Bjelica seit dessen Berufung am 27. November, und Gosens kennt Leroy Sané. Beide seien emotional, «gerade im Spiel», berichtete Gosens, der sich zehn Minuten nach seiner Auswechslung als Schlichter zwischen den beiden versucht hatte: «Ich bin eigentlich nur noch dazwischen gegangen und habe versucht, das Schlimmste zu verhindern.» 

Er habe sich in seiner Coaching-Zone provoziert gefühlt, hatte Bjelica auf der Pressekonferenz am späten Mittwochabend gesagt. Nach seinem gerade mal siebten Pflichtspiel als Union-Trainer hatte er erklärt: «Er hat mich geschubst, dann habe ich reagiert, wie ich nicht reagieren sollte.» Es täte ihm leid für die Mannschaft, für den Verein. Bei Sané entschuldigen wollte sich Bjelica nicht. 

Ein Name regt die Fantasie an: Steffen Baumgart

«Bjelica ist so nicht mehr tragbar», kommentierte am Donnerstag zunächst das Fachmagazin «Kicker». «Union muss den Skandal-Trainer jetzt feuern», forderte die «Bild», noch ehe das Urteil bekannt war. Sogar der Live-Ticker der Bundesliga hatte zu dem Ausraster geschrieben: «Der Berliner Trainer verliert komplett die Nerven. Bjelicas Hand hat in Sanés Gesicht wahrlich nichts zu suchen.»

Auch wenn es nicht der erste Ausraster eines Trainers ist – in bester Erinnerung ist vor allem der Kopfstoß von Norbert Meier im Dezember 2005 als Trainer des MSV Duisburg gegen Spieler Albert Streit vom 1. FC Köln inklusive theaterreifem Umfaller – für Bjelica und den 1. FC Union könnte er entscheidend sein im Kampf um den Verbleib in der ersten Liga. 

Nach der Trennung schwersten Herzens von Urs Fischer sollte Bjelica die kriselnden Köpenicker wieder aufrichten. Sein Auftritt in München ist nun ein schwerer Rückschlag. Er werde aber das Training leiten, hatte Bjelica noch vor der Bekanntgabe der Strafe betont. Ob und wie der Verein noch reagiert, ist offen. Dass ein sehr guter alter Bekannter an der Försterei, Steffen Baumgart, nach seinem Aus beim 1. FC Köln derzeit ohne Job, aber weiter emotional mit den Eisernen verbunden ist, dürfte die Fantasie mancher Fans anregen.  

Sané hat den Vorfall «schon wieder vergessen»

Mit den drei Spielen könnte Bjelica noch gut davongekommen sein. Der ehemalige Top-Schiedsrichter Manuel Gräfe hatte eine Sperre von mindestens vier bis sechs Spielen prophezeit. «Eine Tätlichkeit ist gegeben, wenn der Spieler gewollt mit körperlicher Gewalt gegen einen Gegner vorgeht. Treten, Schlagen, Stoßen, Beißen und Spucken sind typische Vergehen. Strafandrohung: von mindestens sechs Wochen bis zu sechs Monaten», heißt es in einem allgemeinen Beitrag zu Roten Karten auf der DFB-Homepage.  

Strafmildernd kann aber wirken, wenn unmittelbar vor einem Vergehen eine sportwidrige Handlung durch den Gegenspieler begangen wurde. Dann werde die Mindeststrafe in der Regel auf drei Spiele herabgesetzt. Inwiefern sich welche Aktionen auswirkten, wurde im Urteil nicht deutlich.  

Zumindest Sané hatte die Angelegenheit schnell abgehakt. «Ich bin bei so etwas aber nicht nachtragend und die Szene ist für mich schon wieder vergessen», sagte er der «Bild»: «Soweit ich weiß, war er etwas emotional nach der Szene in unserem Strafraum.» Dabei ging es um einen nicht gegebenen Elfmeter. Lautstark hatten die Gäste ein ihrer Ansicht nach elfmeterreifes Foul von Konrad Laimer an Stürmer Kevin Behrens (72.) reklamiert. 

Von Jens Marx, Niklas Treppner und Klaus Bergmann, dpa
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