Dortmunds Jude Bellingham nach der Niederlage gegen den 1. FC Köln. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Im Endeffekt ist es immer dieselbe Leier. «Heute war wieder einmal sehr sichtbar, woran es seit Jahren hapert, um konstant oben anzuklopfen», sagte Trainer Edin Terzic nach der 2:3 (1:0)-Niederlage von Borussia Dortmund beim 1. FC Köln.

Nach jedem Sieg werde der hochtalentierten Mannschaft die Frage gestellt, «was diese Saison drin ist», ergänzte der sichtlich enttäuschte Terzic, «Spiele wie diese zeigen, dass wir darüber nicht nachdenken müssen. Weil uns diese Dinge immer wieder passieren».

Mit einem Sieg hätte der BVB als Tabellenführer in den Liga-Gipfel am Samstag gegen den FC Bayern München gehen können. Nach der dritten Niederlage im achten Saisonspiel rutschten die Westfalen hinter die punktgleichen Bayern zurück. Terzic erklärte zwar, er habe «keine Zweifel» an der in Dortmund so oft diskutierten Mentalität. Seine Aussagen im Detail stellten aber genau diese infrage. «In einer sehr wichtigen Phase des Spiels waren wir nicht bereit, unser Tor zu verteidigen», kritisierte der Coach. Und auf die Frage, ob das die Euphorie vor dem Top-Spiel nun bremse, antwortete Terzic: «Wir treten selber auf die Euphoriebremse – genau wegen Spielen wie heute.»

Fehlt Haalands Power?

Auch wenn die ständigen Verweise der Dortmunder auf das sportlich wie finanziell größere Potenzial der Münchner zweifellos richtig sind – dass die Bayern seit einer Dekade ausnahmslos Meister wurden, liegt auch daran, dass der einzig ernsthafte Verfolger seit Jahren immer in wichtigen Momenten einen kompletten System-Ausfall hinlegt. Dass wichtige Spieler wie Kapitän Marco Reus und Abwehrchef Mats Hummels in Köln fehlten, taugt bestenfalls zur Erklärung, aber nicht zur Ausrede.

In dieser Saison wird deutlich: Ohne Erling Haaland, der in den ersten acht Liga-Spielen für Manchester City mit elf Treffern genauso viele erzielte wie die gesamte Mannschaft des BVB, können die Dortmunder die Gegner nicht überrollen. Es geht nur über Disziplin. Das beweist auch die Tatsache, dass vier der fünf Siege mit 1:0 errungen wurden. So stand es in Köln nach dem Treffer von Julian Brandt (31.) auch zur Pause. Das Auftreten danach, so stellte es Torhüter Alexander Meyer fest, «geht gar nicht. Es fehlte, dass wir als Team zusammen dagegenhalten. Man muss sich dagegenstemmen, auch Körpersprache zeigen. So holt man keine Punkte.» Der Grund sei, «dass viele mit sich selbst beschäftigt sind». Was Brandt unfreiwillig und auf skurrile Art und Weise bestätigte: «Da habe ich nicht drauf geachtet. Ich war natürlich erst mal mit meiner Leistung beschäftigt.»

Auffallend auch: Während der BVB in 512 Liga-Minuten mit Hummels nur einen Gegentreffer kassierte, waren es in 218 Minuten ohne den Routinier unglaubliche neun. Die Neuzugänge Niklas Süle und vor allem Nico Schlotterbeck zeigen viele Unsicherheiten. Fakten, die auch Bundestrainer Hansi Flick nicht verborgen bleiben dürften. 

Und noch eines wurde am Samstag schmerzhaft klar: Das Experiment mit Anthony Modeste ist wohl vorerst gescheitert. Auch in seinem alten Wohnzimmer im Kölner Stadion, wo er bis Sommer zahlreiche Tore mit seinem Brillenjubel gefeiert hatte, fehlte dem 34 Jahre alten Franzosen jegliche Bindung zum Spiel. Keine einzige nennenswerte Torchance sprang für ihn heraus. 

«Es war nie der Spielstil von Borussia Dortmund, sich über Flanken zu definieren. Aber das ist ein gegenseitiges Entgegenkommen», sagte Brandt. Doch dass der BVB extra für Modeste ein unliebsames System spielt, ist angesichts seiner Rückzahlung in Leistung und Toren aktuell nicht mehr zu rechtfertigen. Zumal U21-Nationalspieler Youssoufa Moukoko nach seinem Siegtor im Derby gegen Schalke auch diesmal nach seiner Einwechslung gleich deutlich präsenter und torgefährlicher war. 

In der Champions League nun gegen Sevilla

Vor dem Spiel in München steht noch das Duell in der Champions League beim FC Sevilla, das in diesem Wettbewerb ebenfalls wegweisend ist. Und dazwischen wird Terzic seine Spieler immer wieder ins Gebet nehmen. «Wir werden es wieder ansprechen», sagte er: «Wir werden wieder versuchen, unsere Lehren daraus zu ziehen. Dann werden wir wieder darüber reden, dass wir eine Reaktion zeigen müssen.» Das Wort «wieder» ist in Dortmund gerade ein häufig benutztes. 

Holger Schmidt, dpa
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