Bernd Neuendorf, DFB-Präsident (m.) fordert eine schnelle Einigung im Streit um die Fernsehlizenzen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Arne Dedert/dpa)

Jede Menge Erfolgszahlen zum Boom im Frauenfußball präsentierte der DFB am Mittwoch auf seinem Campus in Frankfurt/Main – aber keine Lösung für das derzeit dringendste Problem.

Im Poker um die TV-Rechte für die Weltmeisterschaft im Sommer in Australien und Neuseeland kann sich Verbandspräsident Bernd Neuendorf allenfalls als Vermittler hinter den Kulissen betätigen. Dennoch macht der Spitzenfunktionär Druck. «Ich glaube, alle müssen sich zusammenraufen. Wir haben eine politische Verantwortung: dem Frauenfußball und der Gesellschaft gegenüber», sagte Neuendorf bei der Pressekonferenz. 

Dass die WM-Spiele der deutschen Vizeeuropameisterinnen hierzulande nicht im Fernsehen zu sehen sind – das mag man sich beim DFB und auch bei den Vereinen lieber nicht ausmalen. Neuendorf forderte alle Beteiligten zur lösungsorientierten Zusammenarbeit auf. «Es bringt jetzt gar nichts, Fingerpointing zu machen», sagte der 61-Jährige. Ein Blackout im deutschen Fernsehen während des WM-Turniers vom 20. Juli bis 20. August wäre «ein Imageverlust für alle Beteiligten», mahnte er und appellierte an die Beteiligten, «dass man sich dem nicht verweigert, sondern sich fragt, was ist die Konsequenz, wenn man nicht zusammenkommt?»

ÖRR-Angebot: Ca. Fünf Millionen Euro

Laut einem «Kicker»-Bericht haben die öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten 5 Millionen Euro für die Übertragungsrechte des Turniers mit erstmals 32 Mannschaften geboten. Der Fußball-Weltverband FIFA verlange aber das Doppelte. Nach dpa-Informationen liegen die Summen etwas höher. Für die Rechte der Männer-WM 2022 in Katar hatten ARD und ZDF 214 Millionen Euro bezahlt. Konkrete Zahlen wollte Neuendorf nicht kommentieren: «Wir verfügen nicht wirklich über belastbares Zahlenmaterial.» 

FIFA-Präsident Gianni Infantino hatte angesichts der stockenden Verhandlungen davor gewarnt, dass die Spiele auch in Deutschland nicht im TV zu sehen sein könnten. Es sei eine «moralische Verpflichtung», die WM der Frauen nicht unter Wert zu verkaufen. ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky hatte zuletzt Mitte April in einem Interview der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» geäußert, ARD und ZDF hätten «im Rahmen dieser Ausschreibung ein marktgerechtes Angebot platziert». 

Auf die Frage, ob er über das Thema mit Infantino gesprochen habe, antwortete Neuendorf, der Mitglied im FIFA-Council ist: «Sie können davon ausgehen, dass ich meiner Verantwortung bewusst bin. Dass ich alles tue, was in meiner Macht steht, um zu einer Lösung zu kommen.»

Auch Politikerinnen schalten sich ein

Zuletzt hatte sich auch die Politik in die Debatte eingeschaltet. So hatten Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf eine schnelle Einigung gedrängt. Die Live-Übertragung vom EM-Finale zwischen Deutschland und England im Wembleystadion (1:2) war mit 17,952 Millionen Zuschauern die am meisten gesehene Fernsehsendung des vergangenen Jahres. 

Allerdings versprechen die WM-Partien aus Australien und Neuseeland keine Quoten-Rekorde, da sie wegen der Zeitverschiebung nicht in die deutsche Primetime fallen. So bestreitet das deutsche Team von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg seine Vorrundenspiele gegen Marokko, Kolumbien und Südkorea am frühen Vormittag.

In anderen europäischen Ländern ist die TV-Frage wenige Wochen vor der WM ebenfalls ungeklärt. Ausgerechnet Norwegens Verbandspräsidentin Lise Klaveness, die als sehr Infantino-kritisch gilt, nahm zuletzt erstmal die Fernsehanstalten in die Pflicht und sagte über den FIFA-Boss: «Es ist an sich positiv, dass er eine Politik verfolgt, bei der es um das Einkommen der Frauen geht und nicht nur um Geld aus Saudi-Arabien. Genau das müssen wir meiner Meinung nach unterstützen.» Es sei gut, dass er etwas Druck mache. Norwegen spielt am 20. Juli das Eröffnungsspiel gegen Neuseeland.

Ulrike John und Jörg Soldwisch, dpa
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