Der neue Bayern-Trainer Julian Nagelsmann (l) erlebte gleich ein emotionales Fußball-Spektakel. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Vor dem Fernseher dürfte Julian Nagelsmann noch etwas mehr ins Grübeln gekommen sein als ohnehin schon nach dem unbefriedigenden Bundesliga-Einstand als Bayern-Coach.

Der hochgelobte, aber als Seniorentrainer noch titellose 34-Jährige geht nach dem 1:1-Liga-Auftaktspektakel am Freitagabend bei Borussia Mönchengladbach sieglos in den Supercup-Showdown bei Borussia Dortmund am Dienstag (20.30 Uhr/Sat.1 und Sky). «Wir hätten gerne gewonnen, jetzt müssen wir es am Dienstag richten», sagte Nagelsmann leicht trotzig nach seinem ersten Pflichtspiel mit dem Rekordmeister.

Als wäre das so einfach. So kaltschnäuzig wie Dortmunds Super-Torjäger Erling Haaland bei der 5:2-Gala am Samstagabend gegen Eintracht Frankfurt traf, müsste jedem Bayern-Anhänger angesichts des Defensivverhaltens des FCB am Freitag angst und bange werden. Wären die Gladbacher Angreifer auch nur einen Tick effizienter gewesen, hätten die Bayern schon nach zehn Minuten 0:3 hinten liegen können.

Furioses Eröffnungsspiel

«Wir hatten einen sehr schlechten Start. Wir haben die Bälle zu leicht hergeschenkt», bekannte Nagelsmann und sah insgesamt ein «recht wildes» Spiel: «Für Zuschauer interessant, für Trainer viel zu analysieren.» Im furiosen Eröffnungsspiel hätten auch deutlich mehr Tore als die von Alassane Plea (10. Minute) für Gladbach und Rekord-Torjäger Robert Lewandowski (42.) für die Bayern fallen können. Dass dies nicht so war, lag am überragenden Borussen-Keeper Yann Sommer, an zwei nicht gegebenen Elfmetern für Gladbach in der Schlussphase und am Unvermögen der Gladbacher Angreifer. Auf derlei Leichtfertigkeit können Nagelsmann und seine neuformierte Abwehr gegen Haaland, Marco Reus und Co. am Dienstag kaum hoffen.

Obwohl der neue Bayern-Coach anders als sein Vorgänger und Titelsammler Hansi Flick, der in Gladbach in zwei Spielen zweimal verlor, bei der Borussia mal wieder punktete, wartet noch viel Arbeit auf den Ex-Leipziger. «Wir haben noch jede Menge zu tun. Wir haben einen neuen Trainer dieses Jahr, hatten noch nicht viel Zeit, Dinge einzustudieren», sagte Nationalspieler Leon Goretzka.

Der selbstbewusste Nagelsmann sieht darin kein Problem: «Da kriegen wir schon noch eine bissl bessere Struktur rein.» Dies sollte nur schnell passieren, sonst droht am Dienstag ein herber Dämpfer und früh extrem viel Druck. Inklusive der schwierigen Vorbereitung feierte Nagelsmann als Chefcoach bei seinem Herzensverein noch kein Erfolgserlebnis. Das hat natürlich auch mit den vielen EM-Teilnehmern zu tun, die zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlicher Verfassung im Sommer zurückgekehrt waren. Zudem musste das Pokalspiel beim Bremer SV verschoben werden. «Dass noch nicht alles funktioniert, ist selbsterklärend», befand auch Goretzka.

Abwehr muss sich steigern

Um Haaland zu stoppen, wird sich Taktikfuchs Nagelsmann indes etwas einfallen müssen. Die neuformierte Abwehr wirkte in Gladbach teilweise orientierungslos und alles andere als titelreif. Der von Nagelsmann aus Leipzig für etliche Millionen Euro mitgebrachte Dayot Upamecano agierte nicht nur in den strittigen Elfmeter-Szenen mit Marcus Thuram zumindest ungeschickt. Da die französischen Weltmeister Benjamin Pavard und Lucas Hernandez noch verletzt fehlen, kam der 21 Jahre alte Josip Stanisic aus dem Regionalliga-Kader der Bayern zu seinem zweiten Bundesliga-Einsatz.

«Dass wir uns defensiv verbessern wollen, ist völlig klar», gestand Nagelsmann, dem seine Akteure noch zu wild «kreuz und quer» liefen: «Danach wird es schwierig, die Räume zu schließen.» Viel Zeit zum Arbeiten bleibt angesichts des Prestige-Duells beim BVB jedoch nicht. «Ich würde gerne mehr trainieren. Aber es ist, wie es ist», sagte Nagelsmann noch betont entspannt.

Von Carsten Lappe und Morten Ritter, dpa
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