Torhüterin Almuth Schult wechselt nach der Saison vom VfL Wolfsburg in die USA. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Silas Stein/dpa)

Zuschauerweltrekorde in Barcelona, gut gefüllte Stadien in Wolfsburg oder München und eine bevorstehende EM in England mit der Aussicht auf ebenfalls volle Tribünen mit mehreren zehntausend Fans – Frauenfußball boomt.

Besonders groß ist die Freude über das gute Timing in Kalifornien, denn dort geht ausgerechnet jetzt das nächste große Projekt an den Start: der Angel City FC. Der zukünftige Arbeitgeber von Nationaltorhüterin Almuth Schult, die nach der Europameisterschaft vom VfL Wolfsburg in die USA übersiedelt, startet am Freitagabend (Ortszeit) mit einem Heimspiel vor der Skyline von Los Angeles in seine erste Saison in der Profi-Liga NWSL.

Das mehrheitlich von Frauen gegründete und finanzierte Team hat nicht nur bereits 15.000 Dauerkarten verkauft und damit mehr als einige Herren-Teams aus der Major League Soccer. Der Club kann auch auf die Unterstützung von Promis setzen, die auf jedem roten Teppich in Hollywood willkommen sind. Schauspielerin Natalie Portman ist eine der drei Gründerinnen und maßgeblich verantwortlich für das ganze Projekt, ihre Kolleginnen Jessica Chastain, Jennifer Garner und Eva Longoria zählen wie die Sportgrößen Lindsey Vonn und Candace Parker zu den derzeit auf der Homepage aufgeführten 40 Investoren. Ebenfalls dabei: Mia Hamm, Abby Wambach und zwölf weitere ehemalige US-Nationalspielerinnen.

«Frauenfußball wurde bisher als Risiko gesehen. Jetzt ist es eher so: Wenn du investierst, dann bekommst du sehr viel zurück. Sehr viel», sagte Sportdirektorin Eniola Aluko der Deutschen Presse-Agentur im Anschluss an das letzte Gruppenspiel im Challenger Cup, einem zur Vorbereitung genutzten Pokalwettbewerb der NWSL-Mannschaften.

«Demut und Ambitionen können koexistieren»

Das 1:0 gegen den Portland Thorns FC am Sonntagabend war nicht nur der erste Sieg in einem Pflichtspiel in der Geschichte des Teams, sondern viel mehr. «Ist das nicht eine grandiose Botschaft an die Liga? Angel City hat Portland geschlagen», rief Co-Gründerin Julie Uhrman voller Euphorie, nachdem sie Aluko jubelnd um den Hals gefallen war. Immerhin war Portland das beste Team der vergangenen Hauptrunde. «Das fühlt sich so viel besser an als die Alternativen. Viel besser.» Vier der fünf Gruppenspiele zuvor gingen verloren, dazu kam ein 1:1.

Für die Euphorie und das Selbstvertrauen in der Mannschaft sei der Sieg «riesig», sagte Aluko. «Das ist extrem wichtig, sehr wichtig.» Die Erwartungen an die erste Saison formulierte sie so: «Du gehst in jedes Spiel, um zu gewinnen. Aber viele der anderen Mannschaften spielen seit zehn Jahren zusammen, haben zehn Jahre lang etwas aufgebaut, Spielerinnen verpflichtet.» Weil man nicht wie in Europa erst mal Aufstieg an Aufstieg reihen muss bis zur Ankunft in der ersten Liga, sondern sich im US-System als neues Team einkauft, ist die Mannschaft im wahrsten Wortsinn neu. Allerdings: «Demut und Ambitionen können koexistieren.»

Denn auch wenn Angel City vieles anders machen möchte und Sponsoren beispielsweise dazu verpflichtet, zehn Prozent des Engagements in Projekte für die lokale Öffentlichkeit zu investieren: In einer Stadt wie Los Angeles mit zwei Football-Mannschaften in der NFL, zwei Basketball-Teams in der NBA, zwei Vertretern in der Major League Baseball und dazu neben den regionalen College-Teams auch noch zwei Fußballmannschaften in der Major League Soccer kann sich ein neues Team nur dann durchsetzen in der öffentlichen Wahrnehmung, wenn es Erfolge gibt.

Aluko über Schult: «Brauchen Spielerinnen wie sie»

«Angel City versucht, etwas aufzubauen, das mehr Bedeutung hat als nur Fußball. Aber damit das funktioniert, musst du auch ein gutes Fußballteam haben. Das muss zusammen existieren», sagte Aluko. «Wir müssen eine Marke sein, die der Gemeinschaft hilft und sie versteht – wir müssen aber auch sicherstellen, dass wir Spielerinnen holen, die uns auf das nächste Level heben, so wie Almuth.»

Schult beobachtet die Entwicklung in den kommenden zwei bis drei Monaten noch aus der Ferne und will sich vor dem Ende der Saison in Europa auch noch nicht weiter zu den Gründen für den Schritt vom VfL Wolfsburg in die USA äußern. In der Meisterschaft und im DFB-Pokal sind die Wölfinnen Favorit, in der Champions League braucht es im Rückspiel gegen den FC Barcelona am Samstag (18.00 Uhr) dagegen eine Sensation nach dem 1:5 im Hinspiel.

Die Vorfreude in Los Angeles auf die Nationalspielerin ist schon jetzt spürbar. «Sie ist großartig. Wir brauchen Spielerinnen wie sie, die sofort den Respekt der Kabine haben. Sie hat alles gewonnen: Olympia, Champions League, EM», sagte Aluko. Im Idealfall kann sich Schult vor dem Ende ihres Einjahresvertrages mit der Option auf eine weitere Saison in der NWSL dann auch amerikanische Meisterin nennen.

Von Maximilian Haupt, dpa
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