Real-Trainer Carlo Ancelotti war bedient. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jose Breton/AP/dpa)

Manche umarmten sich auf Knien, andere rannten nur noch auf Socken über den Rasen des legendären Estadio Santiago Bernabéu.

Mit ihrem Sensationssieg bei Real Madrid hat die Wundermannschaft von Sheriff Tiraspol sogar noch das Traum-Tordebüt von Lionel Messi im Trikot von Paris Saint-Germain und den Sieg von PSG im Knaller-Duell mit Manchester City in den Schatten gestellt.

«WOW», kommentierte sogar die UEFA den 2:1-Erfolg des krassen Außenseiters aus Moldau gegen gedemütigte und blamierte «Königliche» um den ehemaligen Bayern-Abwehrchef David Alaba und den eingewechselten 2014er-Weltmeister Toni Kroos, der sich sein Comeback nach langer Verletzungspause auch anders vorgestellt hatte.

«Totaler Schock»

«Sheriff beendet die Flitterwochen von Ancelottis Mannschaft, die erst schläft und dann ziellos ist», kommentierte die spanische Sportzeitung «As», der Chefredakteur meinte: «Totaler Schock im Bernabéu. Unerklärlich.»

Tiraspol habe Real «ins Verlies» gesperrt, befand «Marca»: «Sheriff hat das Bernabéu als Gruppenerster verlassen, als es seinen illustren Gegner mit zwei Toren erledigt hatte. Ohne Mitleid für Madrid.»

In der 89. Minute sorgte ein gewisser Sébastien Thill, 27 Jahre alter Luxemburger, der im Januar dieses Jahres vom FC Progrès Niederkorn an Tiraspol ausgeliehen wurde, für die Entscheidung, die in der Fußballwelt so schnell nicht vergessen werden dürfte.

Matchwinner aus Luxemburg

«Der Luxemburger Fußballprofi Sébastien Thill hat am Dienstagabend wohl eines der wichtigsten Tore seiner Karriere geschossen», schrieb umgehend das «Tageblatt» aus der Heimat des Matchwinners. Real nutzte auch das 72. Tor in der europäischen Meisterklasse von Karim Benzema per Elfmeter nichts, mit dem er Real-Legende Raúl überholte.

Traurig seien sie, sagte Real-Coach Carlo Ancelotti. Sie hätten mit Intensität gespielt, aber wegen kleiner Details verloren, befand der 62 Jahre Italiener, der seit Juli zum zweiten Mal die Verantwortung bei Real hat, nun aber nach zwei Spielen in der Champions League mit drei Punkten in der Gruppe D nur Zweiter ist. Bezwinger Tiraspol führt mit sechs Zählern, Inter Mailand und Schachtjor Donezk kommen jeweils auf nur einen Punkt. Gegen die Mannschaft aus der Ukraine hatte Debütant Tiraspol zum Auftakt 2:0 gewonnen gehabt.

Gegen Madrid kamen sie nun der K.o.-Runde einen weiteren Schritt näher. «Ich sage meinen Leuten ständig: Wir sind schon in der Champions League, ihr habt doch nichts zu verlieren, sondern könnt euch auf der größten Bühne präsentieren», hatte Trainer Jurij Wernydub dem «Kicker» (Montag) vor der Partie gesagt. Zwei Jahre nach seinem erstmaligen Besuch der Kultstätte in Madrid als Zuschauer verließ er das Bernabéu um eine unvergessliche Trainer-Erfahrung reicher und mit drei Punkten mehr in der Bilanz.

Messis erstes PSG-Tor

Da geriet sogar das erste Tor von Messi für seinen neuen Club in den Hintergrund. Gleichwohl es eines war, das den Fans des 34 Jahre alten Argentiniers Hoffnung auf mehr und vor allem Großes durch den kleinen Südamerikaner bei PSG macht. Von außen zog er in seiner typischen Manier mit Tempo in den Strafraum, passte zu Kylian Mbappé, der den Ball direkt abprallen ließ, so dass Messi per Direktabnahme mit seinem linken Fuß ins Tor schießen konnte.

Sogar Trainer Mauricio Pochettino machte, was er nach eigener Aussage nie macht: Er feierte den Treffer seines Landsmanns, der zuvor wegen einer leichten Knieverletzung zwei Spiele gefehlt hatte. «Ich habe Messi in all den Jahren so viele Tore schießen sehen, aber immer aus Gegner-Sicht. Dieses Mal war es das erste Mal für uns. Ich musste es feiern», sagte er lachend.

In der Gruppe A führt PSG nun mit vier Zählern vor dem punktgleichen RB-Leipzig-Besieger FC Brügge, erst dann kommt Manchester City mit drei Punkten. Leipzig ist Letzter mit noch gar keinem Punkt – und der nächste Gegner einer Pariser Mannschaft, in der Messi wohl langsam aber sicher zu alter Form aufläuft. «Ich gewöhne mich an die Mannschaft und meine Mitspieler», erklärte der Superstar. Oder wie die «L’Équipe» schrieb: «Hier ist Messi.»

Von Jens Marx und Maximilian Wendl, dpa
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