Trainer Felix Magath (r) beim Training mit Hertha BSC. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Matthias Koch/dpa)

Diese kleine Aufmerksamkeit machte Felix Magath glücklich. Ein freundlicher Hertha-Mitarbeiter hatte dem Trainer den geliebten Kräutertee ungefragt auf das Pressepodium serviert.

Nun stand der milde lächelnde Schleifer mit seiner selbst mitgebrachten Tasse etwas hilflos da und mochte sich denken, doppelt hält besser. Es sind die kleinen Gesten für das Wohlbefinden, die auch Magath vor dem in Berlin wie üblich ziemlich ernst genommenen Derby gegen den 1. FC Union am Samstag (18.30 Uhr/Sky) in den Mittelpunkt rückt.

Magath: «Nicht nur aufs fußballerische schauen»

Während der Rivale aus Köpenick mit 41 Punkten auf dem Konto frech und locker wieder vom Europacup als nächstem Saisonziel redet, muss sich Magath im akuten Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga von der Vermittlung reines Fußballfachwissens verabschieden. «Meine Aufgabe hier ist jetzt aber auch, psychologisch zu arbeiten und nicht nur aufs Fußballerische zu schauen», erläuterte Magath den Fahrplan für sein arg verunsichertes Ensemble vor dem Auftritt im mit knapp 75.000 Zuschauern erstmals zu Pandemie-Zeiten ausverkauften Olympiastadion.

Nervosität? Na klar, die gehöre auch für ihn dazu, gestand Magath trotz Jahrzehnten im Profi-Fußball etwas überraschend. Waren das nur Derby-Mätzchen? Nein. Nervosität sei schließlich eine wichtige Triebfeder für Bestleistung in dem zum «Sonderspiel» in einer «Sondersituation» deklarierten Stadtduell, vor dem in Berlin wieder alle Nuancen der Unterschiede zwischen Hertha-Blau und Union-Rot hervorgekramt werden.

«Zwei Mannschaften, die sich nichts schenken»

In der «Berliner Morgenpost» nahm Linguistik-Professor Simon Meier-Vieracker eine Sprachanalyse von Magath und Union-Coach Urs Fischer vor. Vorteil Hertha, meinte der Wissenschaftler zum verbalen Trainervergleich. Der Union-Coach sei ein Meister der Phrasen. «Es wird aus meiner Sicht ein Kampfspiel werden zwischen zwei Mannschaften, die sich wirklich gar nichts schenken», lautete Fischers Derby-Prognose für Samstag.

Vorteil Union, meinte aber in der Gesamtbetrachtung Magath und hob zu einem generellen Gegnerlob an, das als rüde Verbal-Ohrfeige für alle Hertha-Verantwortlichen der jüngeren Vergangenheit verstanden werden konnte. «Union war anders. Sie hatten eine Linie, und diese Linie haben sie durchgezogen», sagte Magath . Im Gegensatz zur Hertha, sagte er zwar nicht, es klang aber so.

Eng verbunden sei der Aufschwung des Lokalrivalen mit dessen Präsidenten Dirk Zingler und Fischer als «richtigem Trainer, dem sie viel zu verdanken haben», sagte der 68-Jährige. «Wenn sie die Mannschaft sehen, haben sie in den letzten Jahren mehr auf die Mentalität der Spieler geachtet als auf das Potenzial. Damit sind sie recht gut gefahren», sagte Magath. Halt anders als die Hertha. Natürlich sei Union als Tabellen-Siebter gegen die als 17. akut abstiegsbedrohte Hertha der «Favorit», räumte Magath ein.

Magath würde ein Derbysieg am meisten helfen

Der Magier Magath ist schon der dritte Derby-Trainer der Hertha in dieser Saison. Union hatte das Bundesliga-Hinspiel gegen die Hertha unter Pal Dardai im November mit 2:0 und das DFB-Pokalachtelfinale im Januar mit Tayfun Korkut als Hertha-Coach 3:2 gewonnen.

Dass Derby-Niederlagen auch fruchtbar sein könnten, merkte Magath an. Mit dem Hamburger SV verlor er in den 70er Jahren 0:2 gegen den FC St. Pauli. Diese Pleite habe beim HSV alles verändert. Ein neuer Präsident kam, Günter Netzer wurde Manager und die Hanseaten für Magath zum besten Club Europas. Parallelen zur Situation bei der nach internationalem Glanz lechzenden Hertha? Das wäre fehlinterpretiert. Im Moment würde Magath ein Derbysieg am meisten helfen.

Von Arne Richter und David Langenbein, dpa
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