Robert Andrich hat sich im Halbfinal-Hinspiel möglicherweise einen Mittelfußbruch zugezogen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Xabi Alonso sah müde aus. Viel Schlaf wird der Trainer von Bayer Leverkusen nach dem 0:1 im Halbfinal-Hinspiel der Europa League bei der AS Rom nicht gefunden haben.

Und mehr als die Niederlage, die für das Rückspiel am kommenden Donnerstag gegen seinen alten Lehrmeister José Mourinho noch alle Chancen lässt, drückten die Verletzungen zweier Profis auf das Gemüt des Spaniers. «Das sind schlimme Nachrichten», sagte Alonso am Freitagmorgen mit leiser Stimme. 

Mittelfußfraktur bei Andrich festgestellt

Dabei dachte er vor allem an Schlüsselspieler Robert Andrich, bei dem sich am Freitagabend Alonsos Befürchtung bewahrheitete: Der Mittelfeldspieler erlitt eine Fraktur im linken Mittelfuß. Die Saison ist für ihn beendet. Andrich hatte das Stadion nicht einmal zu Fuß verlassen können. Er war um 23.38 Uhr, als die meisten seiner Kollegen schon im Bus saßen, auf einem Golfcart aus der Arena gefahren worden. Und während das Team am Freitag einen Ruhetag in Rom genoss, stieg der 28-Jährige auf Krücken in den Flieger nach Hause, um sich eingehend untersuchen zu lassen. 

«Sehr schmerzhaft» sei das Ganze, sagte Andrich, der zwar erklärte, er gehe «erstmal vom Besten aus», aber eigentlich schon wusste, was ihn erwartet: «Leider habe ich ein schlechtes Geräusch gehört, was ein bisschen Angst macht.» Bei Abwehrspieler Odilon Kossounou bestätigten die Untersuchungen eine Muskelverletzung im rechten Oberschenkel. Auch er wird in den letzten maximal fünf Spielen kaum noch zum Einsatz kommen können. Lediglich bei Jeremie Frimpong, der zweimal einen Schlag abbekam, sieht es gut aus. Er blieb am Freitag in Rom. 

Hradecky: <<In der BayArena wird es nochmal ein größerer Hexenkessel>>

Die Hoffnung auf das dritte Europacup-Endspiel der Vereinsgeschichte nach 1988 und 2002 lebt dennoch weiter. Und dabei setzt Bayer auf die Euphorie, die in den vergangenen Wochen im Umfeld entstanden ist. Trotzdem sorgte die Aussage von Kapitän Lukas Hradecky zunächst für Verwunderung, der gefragt nach der beeindruckenden Atmosphäre im Stadio Olimpico erklärte: «Ganz ehrlich: Ich finde, in der BayArena ist es manchmal lauter. Das war schön hier, ein super Erlebnis. Aber ich habe unsere Fans heute auch gehört. Und in der BayArena wird es nochmal ein größerer Hexenkessel.»

Was Hradecky meinte: Die Gänsehaut-Atmosphäre in Rom verbreitete sich vor allem vor dem Anpfiff. Mit lautstarkem Gesang der Vereinslieder, einer beeindruckenden Choreo durch die ganze Arena und Bengalos. Während der Partie war es abseits des Tores von Roms Eigengewächs Edoardo Bove (63.) nicht so laut. Fangesänge während des Spiels sind in Italien weniger verbreitet. Zumindest das wird in Leverkusen mehr werden. «In den letzten Spielen war es super da», sagte Hradecky: «So haben wir da die Bayern geschlagen, wir haben Leipzig geschlagen. Und wir haben auch gespürt, dass wir diese Mannschaft zu Hause schlagen können.»

Sogar ein Sieg im Hinspiel wäre möglich gewesen, wenn Bayer seine schnellen – und bis zur 90. Minute einzigen – Chancen durch Andrich nach 43 Sekunden und Florian Wirtz nach fünf Minuten genutzt hätte. «Ich glaube, ich hätte mich für die andere Ecke entscheiden sollen», sagte Wirtz enttäuscht: «Dann wäre er wahrscheinlich reingegangen.» Dem Nationalspieler schien die Szene durchaus nachzuhängen, und so konnte er nach der frühen Auswechslung zuletzt im Länderspiel gegen Belgien unter den Augen von Bundestrainer Hansi Flick auf der Tribüne kaum punkten.

Leverkusener Optimismus

Ein Wirtz in der Form der letzten Wochen wäre auch im Rückspiel ein wichtiges Pfund. Aber auch so verbreiten die Leverkusener Optimismus. Der frühere Welt- und Europameister Xabi Alonso sah sogar so etwas wie einen psychologischen Vorteil. «Wir müssen das Spiel gewinnen», sagte er: «Manchmal ist es besser, wenn man weiß, was zu tun ist, und es keine Spekulation gibt. Rom fühlt sich jetzt als Favorit, aber im Fußball kann alles passieren.» Doch auch Alonso ist klar: «Wenn wir das Finale erreichen wollen, brauchen wir eine Spezialnacht.»

Doch auf der anderen Seite steht eben immer noch Mourinho. Der portugiesische Startrainer, der von 2010 bis 2013 auch Alonso bei Real Madrid trainierte und nachhaltig prägte, hatte sein Team am Donnerstag wieder hervorragend eingestellt und am Spielfeldrand die bekannten Spielchen abgezogen. Und Mourinho weiß, wie man Europapokale gewinnt. Es ist ihm mit vier Vereinen schon insgesamt fünfmal gelungen.

Von Holger Schmidt und Manuel Schwarz, dpa
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