Wolfsburgs Lukas Nmecha (M) und sein Team blieben zu harmlos. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Swen Pförtner/dpa)

So etwas hat es in Wolfsburg seit seiner Ankunft 2018 noch nicht gegeben.

Es waren am Samstagabend nur 5000 Zuschauer im Stadion, es war auch nicht die Mehrheit von ihnen, die da rief. Aber bei der 0:2 (0:1)-Niederlage gegen den VfB Stuttgart und mitten in dieser sich immer weiter verschärfenden Krise des VfL gab es in der Volkswagen Arena die ersten lauten «Schmadtke raus»-Rufe gegen den lange Zeit so erfolgreichen Geschäftsführer Sport.

Nur drei Tage nach dem Aus in der Champions League kassierte der VfL Wolfsburg bereits die fünfte Pflichtspiel-Niederlage nacheinander und fiel in der Fußball-Bundesliga auf den zehnten Tabellenplatz seines einzigen noch verbliebenen Wettbewerbs zurück. Schmadtke selbst hatte bereits vor dem Anpfiff seine wochenlange öffentliche Zurückhaltung beendet und sich in einem Sky-Interview vor sein Team und vor seinen Trainer gestellt. «Der VfL Wolfsburg ist nicht die Schande des deutschen Fußballs», antwortete der 57-Jährige auf die seiner Meinung nach überzogene Kritik nach der 1:3-Niederlage im entscheidenden Champions-League-Spiel gegen OSC Lille.

«Wölfe» zunehmend ratloser

Die deutlichen Worte des erfahrenen Managers zeigten aber nur in den Anfangsminuten so etwas wie eine Wirkung. Danach verfiel der VfL wieder in die Mut-, Ideen- und Antriebslosigkeit des Lille-Spiels. Der Grieche Konstantinos Mavropanos holte an seinem 24. Geburtstag den Hammer heraus und traf in der 25. Minute mit einem wuchtigen und genau im oberen rechten Torwinkel einschlagenden Distanzschuss für den VfB. Philipp Förster erhöhte auf 2:0 (63.), die Wolfsburger Leihgabe Omar Marmoush verschoss in der 79. Minute sogar noch einen Handelfmeter.

Sogar Stuttgarts Förster war überrascht ob des schwachen Auftritts der Wolfsburger. «Heute waren sie überhaupt nicht anwesend, haben keine Gegenwehr gezeigt. Ich glaube für so einen Verein wie den VfL Wolfsburg ist das zu wenig», sagte Förster. Der Sieg war für den VfB auch nötig. Denn nach den Erfolgen des FC Augsburg und der Berliner Hertha wären die Stuttgarter schon im Falle eines Remis auf Platz 16 zurückgefallen.

Auf Wolfsburger Seite herrschte dagegen Ratlosigkeit. «Wir kriegen das Scheißding nicht in das Tor rein», sagte Maximilian Arnold, wollte aber fehlende Leidenschaft nicht gelten lassen: «Ich sehe das nicht so. Aber in so einer Phase dass es nicht so leicht von der Hand geht, ist schon klar. Wenn man Spiele nicht gewinnt, wächst auch nicht das Selbstvertrauen.» Es gelinge derzeit einfach gar nichts.

Trainer Kohfeldt sprach von einer «schleichenden Verunsicherung». Er glaube aber an die Gruppe und an die Qualität. «Wir haben eine Phase, die ist blöd. Wir haben keine Zeit zu trainieren, kriegen mehrere Nackenschläge», haderte der Coach.

Wolfsburg über weite Strecken enttäuschend

Die Wolfsburger waren nur in den Anfangsminuten auf der Höhe. Der VfL begann vor 5000 Zuschauern engagiert, verfiel aber schnell wieder in die Mut-, Ideen- und Antriebslosigkeit des Lille-Spiels. Das 0:1 kassierte der Vorjahresvierte sogar in Überzahl, weil sich Stuttgarts Roberto Massimo bereits vor dem Tor bei einem Zweikampf mit Paulo Otavio verletzte, aber erst danach durch Pascal Stenzel ersetzt werden konnte.

Hinzu kam an diesem Abend, dass es die Wolfsburger in puncto Verletzungen noch schlimmer erwischte als den VfB. Der Belgier Aster Vranckx musste schon in der 21. Minute ausgewechselt werden. Paulo Otavio wurde zu Beginn der zweiten Halbzeit aus dem Stadion getragen. Der Brasilianer war in einem Laufduell umgeknickt und weggerutscht.

Von seiner Mannschaft kam auch im zweiten Durchgang nichts. Kein Aufbäumen, kein funktionierendes Pressing, geschweige denn irgendeine Torgefahr. Die beste Möglichkeit vergab Lukas Nmecha kläglich (69.). Aber auch dafür brauchte es zuvor einen Fehler des Stuttgarter Torwarts. Dem VfB reichten genau wie Lille am Mittwochabend eine disziplinierte Defensivarbeit und ein paar gelegentlich Konter.

Der 26-jährige Förster war schon vor der Pause mit einem Solo über das halbe Spielfeld aufgefallen (39.). Nach gut einer Stunde traf er nach Vorarbeit des Sosa-Ersatzes Tanguy Coulibaly. Dass einige VfL-Fans danach «Wir wollen euch kämpfen sehen» riefen, kam in dieser Saison schon häufiger vor. «Schmadtke raus!», war allerdings neu.

Von Sebastian Stiekel, dpa
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