Uli Hoeneß beim EM-Vorrundenspiel Portugal gegen Deutschland in München. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Uli Hoeneß sieht auf den «idealen Bundestrainer» Hans Flick bei der deutschen Fußball-Nationalmannschaft großen Druck zukommen.

«Jetzt hat er es ja relativ leicht, weil er kaum Widerstand kriegen wird. Er ist halt der Messias», sagte der Ehrenpräsident des FC Bayern München im Sport1-«Doppelpass». «Aber wenn man der Messias ist, muss man auch Erfolg haben. Der Druck auf ihn ist ungeheuer groß.»

Flick hatte mit den Bayern als Nachfolger von Niko Kovac sieben Titel gewonnen. Er folgt beim DFB auf Joachim Löw. Flick habe es beim FC Bayern geschafft, die Mannschaft hinter sich zu bringen, «die sind für einander durchs Feuer gegangen», sagte Hoeneß.

Der 69-Jährige erinnerte aber auch an den Ärger rund um Flick, der mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic in Personalfragen nicht denselben Kurs verfolgte. Während der größten Erfolge sei es öffentlich viel um internen Ärger gegangen.

«Das hat er mitverursacht, da war ich ihm auch ziemlich böse», grantelte Hoeneß. Flick habe sich als Trainer nur für das Sportliche interessiert, nicht für die wirtschaftliche Seite. «Deswegen ist er eigentlich ein idealer Bundestrainer.» Denn bei der Nationalmannschaft gehe es nicht um Ablösesumme.

Hoeneß forderte DFB-Direktor Oliver Bierhoff auf, öffentlich aktiver aufzutreten. «Es kann nur funktionieren, wenn zum Beispiel der Oliver Bierhoff endlich aus dieser Versenkung verschwindet und nicht nur alle drei Monate irgendein Interview gibt, sondern sich aktiv mit einschaltet, damit das ganze Projekt läuft», sagte Hoeneß. Dass man auf handelnde Personen beim DFB, die alles Amateure seien, nicht bauen könne, «ist so klar wie Fleischbrühe».

Kritik an der Leistung von Kroos

Zudem stufte Hoeneß die Leistung des zurückgetretenen Toni Kroos als nicht mehr zeitgemäß ein. Kroos habe mit seinem Querpass-Spiel im heutigen Fußball «nichts mehr verloren», sagte der 69-Jährige. Ein Problem der deutschen Nationalmannschaft sei gewesen, dass Löw unbedingt Kroos einbauen wollte und daher auf eine Dreierkette umgestellt hatte.

Gegen England habe das DFB-Team «Angsthasenfußball» gespielt, stellte Hoeneß fest. Kroos sei in der Schlussphase nicht einmal über die Mittellinie gegangen, «seine Art zu spielen ist total vorbei». Hoeneß bescheinigte dem Star von Real Madrid und früheren Bayern-Profi, den er wie Löw sehr schätze, zu viele Querpässe.

Kroos hatte sich drei Tage nach dem Aus im Achtelfinale der Europameisterschaft aus der Nationalmannschaft verabschiedet. Der 31-Jährige absolvierte 106 Länderspiele und wurde 2014 in Brasilien mit dem Team Weltmeister. Auf die Hoeneß-Kritik reagierte er via Twitter: «Uli Hoeneß ist ein Mann mit großem Fußballsachverstand (auch wenn es für RTL nicht gereicht hat), wenig Interesse für Polemik und mit sich komplett im Reinen. Ähnlich wie sein Greenkeeper.»

Hoeneß hatte einst gesagt, dass Lothar Matthäus nicht einmal Greenkeeper im neuen Stadion werde. Bei RTL folgte Matthäus auf Hoeneß als TV-Experte. Hoeneß hatte bei drei Länderspiel-Übertragungen für RTL gearbeitet, aber auf eine Fortsetzung des Engagements verzichtet.

Die taktischen Anpassungen von Löw seien «total in die Hose gegangen», betonte Hoeneß. Hätte man die Taktik des FC Bayern München aus der Triple-Saison gespielt, «dann bin ich 100 Prozent sicher, dass wir jetzt anders dastehen würden». Hoeneß plädierte unter anderem für eine Viererkette und Joshua Kimmich zusammen mit Leon Goretzka im Zentrum.

Eine Teilschuld am Achtelfinal-Aus gab Hoeneß auch den Führungsspielern. «Ich habe unsere Spieler als superselbstbewusste Jungs kennengelernt, die bei Hansi Flick ein großes Mitspracherecht hatten», sagte Hoeneß. Bei der EM habe er nichts gehört. Normalerweise würden sie mit dem Trainer reden, sagte der 69-Jährige.

Persönlichkeiten als DFB-Beratergremium

Im Zusammenhang mit einer neuen DFB-Führung schlug Hoeneß ein Beratergremium aus Persönlichkeiten des Profi-Fußballs vor. Wenn vernünftige Leute auf ihn, den ehemaligen Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge oder auch Rudi Völler zukämen, «können wir uns dem doch kaum verschließen», sagte er. Zugleich wiederholte Hoeneß, nicht als DFB-Präsident zu Verfügung zu stehen. «Da springt mir meine Frau ins Kreuz», meinte der Weltmeister von 1974.

Aus seiner Sicht gehe es darum, dass die neue DFB-Führung auch sportliche Kompetenz habe. Er könne sich in diesem Zusammenhang sehr gut vorstellen, dass Philipp Lahm ein Kandidat für das Präsidium sei. «Ein Name, der hoch interessant ist», sagte Hoeneß. Ex-Weltmeister Lahm ist Organisationschef der Europameisterschaft 2024 in Deutschland und bereits Mitglied im DFB-Präsidium.

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