Die Italiener feiern nach dem Halbfinaleinzug mit ihren Fans. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Federico Gambarini/dpa)

Die vier besten Teams des Kontinents stehen fest. Italien, Spanien, Dänemark und England stehen im Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft an diesem Dienstag und Mittwoch im Wembley-Stadion.

Der Weg nach London war strapaziös. Es gibt diese speziellen Augenblicke, es gibt aber auch ganz entscheidende Personen. Ein Überblick über das Halbfinal-Quartett.

Italien

DER EM-MOMENT: Es war die erste «magische Nacht» bei dieser EM. Mit einem 3:0 gegen die Türkei im Eröffnungsspiel legte die Squadra Azzurra einen Traumstart hin und feierte mit Tausenden begeisternden Fans in Rom zum WM-Hit 1990 «Un’estate italiana». Es folgten weitere mitreißende Auftritte, mit ihrem offensiven und mutigen Stil spielten sich die Italiener mehr und mehr in die Rolle des Turnierfavoriten.

DER SPIELER: 36 Jahre ist er alt, hat über 100 Länderspiele – und ist inmitten der neuen jungen Squadra Azzurra dennoch kaum wegzudenken: Giorgio Chiellini ist Kapitän und Anführer der Italiener. Gegen Belgien beeindruckte er im Viertelfinale mit Zweikampfstärke und Einstellung, auch als Vorbild und Führungsfigur ist er unersetzlich.

DER TRAINER: Roberto Mancini übernahm die Azzurri nach der verpassten WM 2018 und erschuf in drei Jahren aus den Trümmern der damaligen Elf einen Titelkandidaten. Er gab Talenten eine Chance und traf auch unpopuläre Entscheidungen. Seit inzwischen 32 Partien sind die Azzurri unter dem 56-Jährigen ungeschlagen. Auch Wertschätzung und Anerkennung für den charismatischen Coach sind enorm gestiegen.

Spanien

DER EM-MOMENT: 0:0, 1:1. Der Druck wuchs, das Aus drohte. Spanien spielte den Fußball, den Trainer Luis Enrique sehen will. Ballbesitz als Erstinstrument gegen Gegentore. Das Problem: Trotz unglaublicher Passquoten und sonstiger Statistiken fielen keine Tore. Und dann das: 5:0 gegen die Slowakei. Die Flasche Sekt war geöffnet (Luis Enrique). Und es sprudelte weiter mit dem 5:3 gegen Kroatien.

DER SPIELER: 18 Jahre und so jung wie noch kein anderer Spanier bei einer EM. Hochbegabt, dieser Pedri. Spielt beim FC Barcelona und wurde dort von Vereinsikone und Superstar Lionel Messi schon mehrfach im Spiel geadelt. Fein am Ball und einer, der Kilometer macht: 61,5 in den bisherigen fünf Spielen. Prädikat: Besonders wertvoll.

DER TRAINER: Luis Enrique. 51 Jahre alt, ehemaliger Offensivspieler vor allem beim FC Barcelona. Ein Ausdauersportler an der Seitenlinie. Hat einen klaren Plan, wie er Spanien zurück in die europäische und auch Welt-Spitze führen will. Kritik schert ihn nicht besonders, der Erfolg bisher gibt ihm recht. Stellt sich stets vor seine Spieler und hält an ihnen fest. Justierte seine Startelf aber bisher immer nach.

England

DER EM-MOMENT: 55 Jahre mussten die Engländer auf diese Erlösung warten. Seit der WM 1966 hatten sie bei großen Turnieren jedes K.o.-Spiel gegen Deutschland verloren, im Achtelfinale dieser EM gelang ihnen schließlich ein historischer 2:0-Sieg. Während damit die Zeit von Joachim Löw als Bundestrainer endete, könnte der Erfolg für die Three Lions der Startschuss für ein großes Turnier gewesen sein.

DER SPIELER: Harry Kane hat es immer gewusst. Nach der Vorrunde war der Kapitän noch ohne Treffer, was vielen seiner Landsleute gar nicht gefiel. Doch die Kritik prallte an ihm ab. In der entscheidenden Turnierphase liefert der Stürmer nun ab. Nach zwei K.o.-Spielen stehen bereits drei Tore auf seinem Konto. Schießt er seine Mannschaft nun auch zum Titel?

DER TRAINER: Was hat Gareth Southgate nicht für tolle Spieler zur Verfügung: Sancho, Foden, Kane, Sterling, Grealish oder Rashford – wohl kein anderer Nationalcoach verfügt über mehr Offensivqualität. Trotzdem setzt der Coach nicht auf Spektakel, sondern auf Ergebnisse. Southgate formte eine perfekt geölte Turniermaschine aus dieser Mannschaft. Die Chance auf den EM-Titel ist so groß wie nie zuvor.

Dänemark

DER EM-MOMENT: Beim Kollaps von Christian Eriksen im ersten Spiel bangten alle um das Leben des Führungsspielers. Seitdem wird das Team von einer Woge der Zuneigung emotional durch das Turnier getragen – und die Mannschaft schöpfte Kraft aus dem Schockmoment. «Ich denke jeden Tag an Christian, vor dem Spiel und nach dem Spiel», sagte Trainer Kasper Hjulmand nach dem Halbfinal-Einzug.

DER SPIELER: Kapitän Simon Kjaer geht immer voran. Bei Eriksens Zusammenbruch leistete er als Erster Hilfsmaßnahmen und tröstete dessen Freundin. Im weiteren Turnierverlauf hielt der 32-Jährige vom AC Mailand die Abwehr zusammen. «Wir hatten ein Ziel, als wir in dieses Turnier gingen, wir wollten nach Wembley. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, wir sind mit dem Halbfinale jetzt zufrieden», sagt Kjaer vor dem England-Spiel.

DER TRAINER: Beim FSV Mainz 05 scheiterte Kasper Hjulmand einst als Bundesliga-Coach, mit Dänemark geht der 49-Jährige bei diesem Turnier auf eine wundersame Reise und verzückt nicht nur die Menschen in seiner Heimat. «Wir sind ein Symbol für Basiswerte des Fußballs», sagt der Sportwissenschaftler und dreifache Vater, dem ein überschwänglicher Empfang nach der EM-Rückkehr sicher ist.

Von Miriam Schmidt, Ulrike John, Jens Marx und Nils Bastek, dpa
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