Italiens Giorgio Chiellini (r) im Zweikampf mit dem Schweizer Haris Seferovic. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jean-Christophe Bott/KEYSTONE/dpa)

Die Trainer wechselten, das Spielsystem veränderte sich, Teamkollegen kamen neu dazu – nur er ist immer noch da: Giorgio Chiellini, 36 Jahre alt, Kapitän, und aus der italienischen Fußball-Nationalmannschaft nicht wegzudenken.

So sehr Italien bei dieser EM mit mutigem Offensiv-Fußball begeistert, so sehr benötigt das Team auch die defensive Stabilität, die Chiellini mit seinem Nebenmann Leonardo Bonucci im Abwehrzentrum garantiert. «Ich sage seit vielen Jahren, dass sie die besten auf dieser Position sind», urteilte Nationalcoach Roberto Mancini am Montag. Trotz des «Generationswechsels» im Team sei die defensive Stabilität wichtig.

Vor fast zwei Jahrzehnten, am 17. November 2004, gab Chiellini sein Debüt in der Squadra Azzurra. Seitdem war er oft nah dran am großen Ziel, vor allem das 0:4 gegen Spanien im EM-Finale 2012 blieb in schmerzhafter Erinnerung und weckte den Wunsch nach Wiedergutmachung auf der großen Bühne. «Es ist wohl mein letztes Turnier mit der Nationalmannschaft», sagte Chiellini vor der EM über seine Zeit im Nationaltrikot. Krönen will der Profi von Juventus Turin diese Ära natürlich am liebsten mit dem Titel. «Ein Traum, der noch gelebt werden muss», schrieb Chiellini vor dem Halbfinale gegen Spanien am Dienstag (21.00 Uhr/ARD und Magenta TV) in London auf Instagram.

Jemand, der die «Drecksarbeit» macht

Gegen die mit zwölf Toren bislang beste Offensive des Turniers wird wieder viel von Chiellini abhängen, der im Viertelfinale gegen Belgien mit seinem gewohnt kompromisslosen Spiel Torjäger Romelu Lukaku ausschaltete. Als «Naturgewalt» lobt Trainer Walter Mazzarri den 1,87 Meter großen Linksfuß einst, «Tuttosport» urteilte: «Wenn man gewinnen will, braucht man jemanden, der die Drecksarbeit macht.»

So robust und knallhart Chiellini seit Beginn seiner Profi-Karriere vor mehr als 20 Jahren verteidigt, so wenig ist über seine andere Seite neben dem Platz bekannt. Sein Privatleben hält der Vater von zwei Töchtern weitgehend aus der Öffentlichkeit heraus, nur seinen Uni-Abschluss in Wirtschaftswissenschaften gab der Verteidiger 2017 auf seinem Instagram-Account bekannt, wo er auch öffentlich Stellung gegen Rassismus bezieht. Im Team genießt er nicht nur als Sportler hohe Wertschätzung. «Ein hat ein großes Charisma und großartige Erfahrung. Er gibt dir sofort Sicherheit», sagte Leonardo Spinazzola.

Zukunft weiter ungewiss

In Bonucci hat Chiellini auf dem Platz den idealen Partner gefunden, mehr als 300 Spiele absolvierten die «Senatoren», wie sie in Italien genannt werden, gemeinsam für Juve und die Azzurri. «Bonucci und Chiellini sind derzeit die besten Innenverteidiger der Welt», lobte zuletzt Ex-Weltmeister Schweinsteiger auf Twitter das Duo, das auch zur jüngsten Serie Italiens von 1169 Minuten ohne Gegentor beitrug. «Wir kennen uns in- und auswendig. Das Zusammenspiel funktioniert ganz natürlich», sagte Bonucci. «Wenn wir zusammenspielen, können wir uns die Aufgaben teilen und so der Mannschaft helfen und sie führen.»

Trotz seinen bislang überzeugenden Leistungen bei dieser EM ist Chiellinis Zukunft ungeklärt. Sein Vertrag bei Juve lief aus, eine Verlängerung soll aber nur Formsache sein. Ob es in der Nationalelf nach der EM weitergeht, ist ebenso offen. Mancini würde das Team gerne um den Routinier herum weiterentwickeln, heißt es. «Mit fast 37 Jahren ist er auch für die Zukunftspläne unabdingbar», schrieb der «Corriere dello Sport»: «Er ist der unendliche Kapitän.»

Von Miriam Schmidt, dpa
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