Sorgte mit seinem spektakulären Tor für den Sieg von Manchester City: Erling Haaland. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Stringer/dpa)

Erling Haaland nahm Marco Reus und Co. fast schon tröstend in den Arm, nachdem er den Dortmunder Traum von einem Coup bei Manchester City höchstpersönlich zerstört hatte. Am Ende jubelte doch der norwegische Torgarant, der kurz vor Schluss den 2:1 (0:0)-Siegtreffer für die Engländer gegen seinen Ex-Club BVB erzielt hatte.

«Es war schön, es war ein emotionales Spiel für mich. Dortmund ist ein beeindruckender Club. Ich hatte eine gute Zeit da», sagte Haaland nach seinem Traumtor. Dabei war die Überraschung für die Dortmunder greifbar nahe, doch am Ende standen sie mit leeren Händen da. Nach einer defensiv lange disziplinierten Leistung führte der BVB bis zur 80. Minute mit 1:0, kassierte am zweiten Spieltag der Champions League dann aber doch die Niederlage. Somit setzte sich die schwarze Serie gegen Teams aus der englischen Premier League fort, die letzten acht Duelle in Folge verlor der BVB nun.

Hummels: «Der Frust sitzt sehr tief»

Manchesters Held war in der 84. Minute dann doch Haaland. «Unglaublich», sagte sein Trainer Pep Guardiola zur artistischen Einlage des Torjägers und fühlte sich bei der Aktion an Hollands Legende Johan Cruyff erinnert. Haaland hatte indes eine einfache Erklärung: «Ich habe lange Beine und bin gut gesprungen.»

Dabei hatte die Dortmunder Deckung den im Sommer vom BVB zu City gewechselten Norweger bis dahin gut im Griff. Die Dortmunder Führung durch Jude Bellingham in dessen englischer Heimat (56.) hatte John Stones ausgeglichen (80.), bei seinem Fernschuss sah BVB-Ersatzkeeper Alexander Meyer nicht gut aus.

«Der Frust sitzt sehr tief», sagte Mats Hummels bei DAZN: «Es geht darum zu gewinnen, ein Punkt wäre auch nicht schlecht gewesen. Wir hatten City. Wir haben uns aufgeopfert. Kurz vor dem Gegentor werden wir passiv und hoffen, das Spiel über die Zeit zu bringen. Dann ist City nicht so schlecht. (…) Wir waren müde. Es lag nicht an der taktischen Umstellung, sondern dass wir zwei freie Bälle vor dem Tor zugelassen haben, anstatt bis zur 95. Minute über die Grenze zu gehen.» Mit Blick auf den Matchwinner meinte Hummels: «Erling Haaland ist halt Erling Haaland.»

Und BVB-Coach Edin Terzic sagte: «Jetzt gehen wir wieder mit leeren Händen nach Hause. Das ist richtig bitter, die Jungs hätten sich mindestens einen Punkt verdient gehabt.»

Bevor der Ball rollte, wurde aus Respekt vor der verstorbenen Queen Elizabeth II. auf die obligatorische Champions-League-Hymne verzichtet, Manchester spielte vor der Partie auch keine Musik im Stadion. Zudem legten beide Mannschaften eine Schweigeminute ein und spielten mit Trauerflor. Die Fahnen am Stadion hängen schon seit dem Tod der Königin am Donnerstag auf halbmast.

Haaland war im Sturmzentrum weitgehend abgemeldet

Das Wiedersehen mit Haaland fiel vor dem Anpfiff herzlich aus. Schließlich hatte der Norweger in den vergangenen zweieinhalb Jahren mit 86 Toren und 109 direkten Torbeteiligungen in 89 Pflichtspielen für den BVB Großes geleistet. So galt es, diese Urgewalt nun auf der Gegenseite in den Griff zu bekommen. Die Dortmunder wählten dabei eine sehr defensive Variante. Bei Ballbesitz der Gastgeber machten die Schwarz-Gelben mit sieben, acht Akteuren das Zentrum dicht. «Die ganze Mannschaft ist sehr torgefährlich. Uns nur auf Erling zu konzentrieren, wäre fahrlässig. Wir müssen die Anspiele auf Erling verhindern», erklärte Terzic die Taktik.

Eine Taktik, die dem englischen Meister zu schaffen machte. Entsprechend unzufrieden marschierte Pep Guardiola in der Coachingzone auf und ab. Fast schon einfallslos zirkelte Man City den Ball rund um den Strafraum des Bundesligisten, ohne wirklich für Gefahr zu sorgen. So war Haaland im Sturmzentrum weitgehend abgemeldet. Ganze elf Ballkontakte verbuchte der Norweger in den ersten 45 Minuten, sogar Anthony Modeste hatte auf der Gegenseite einen mehr.

Dabei hatte der BVB seine Innenverteidigung noch umstellen müssen. Nachdem Nationalspieler Nico Schlotterbeck im Abschlusstraining über Rückenschmerzen klagte, setzte Terzic in der Innenverteidigung auf Niklas Süle und Mats Hummels. Schlotterbeck wurde erst später eingewechselt. Süle war es auch, der bei einer gefährlichen Flanke per Kopf kurz vor Haaland klärte (15.). Es war fast schon einer der Höhepunkte in einer ereignisarmen ersten Halbzeit. Denn auch die Dortmunder brachten bei ihren Entlastungsangriffen das Tor von Ederson nicht in Gefahr.

Bellingham traf per Kopf unhaltbar für Ederson ins Tor

Wer im zweiten Durchgang einen Sturmlauf der Gastgeber erwartet hatte, sah sich enttäuscht. Stattdessen wurde der BVB bei seinen Kontern immer mutiger. Reus hatte die große Chance zur Führung, als er seinen früheren Mitspieler Manuel Akanji perfekt aussteigen ließ, den Ball aber dann knapp neben das Tor setzte (52.). Akanji war erst kurz vor Ende der Transferperiode zu City gewechselt und hatte dabei nochmal verbal gegen seinen Ex-Club nachgetreten.

Hatte Reus noch bei seiner Riesenchance großes Pech, war der Nationalspieler kurz darauf ausschlaggebend beim Führungstor. Seinen Schuss lenkte Bellingham per Kopf unhaltbar für Ederson ins Tor. Bezeichnenderweise hatten Haaland und Akanji den Engländer entwischen lassen. Auf der Gegenseite dauerte es bis zur 66. Minute, ehe der Norweger zu seiner ersten Torchance kam, als er den Ball aus spitzem Winkel an den Außenpfosten setzte.

Es war aber der Weckruf für die Gastgeber, die präziser in ihren Aktionen wurden. Beim Ausgleichstor von Stones machte allerdings BVB-Keeper Meyer keine gute Figur. Und nur Minuten später kam Haaland doch noch zu seinem Auftritt. Nach Flanke von Joao Cancelo war der Norweger aus kurzer Entfernung zur Stelle.

Von Holger Schmidt und Stefan Tabeling, dpa
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